Liberating Structures – Ein wirksames Mittel für mehr Beteiligung in Online-Workshops

Vermutlich kommt Ihnen das bekannt vor: Sie sind mit Ihrem Team auf der Suche nach Lösungen für ein bestimmtes Problem, doch schon wieder redet hauptsächlich Maike, nur hier und da werfen immerhin noch Stefan und Melanie etwas ein. Der Rest des Teams schweigt. In Online-Meetings wird dieses Phänomen meist noch mehr dadurch verstärkt, dass man sich mit ausgeschalteter Kamera hinter seiner schwarzen Kachel verstecken kann. Auf diese Weise rauben unzählige Meetings Energie und Ressourcen, anstatt Nutzen zu stiften. Doch wie kann es gelingen, dass sich alle gleichermaßen einbringen? Mit Liberating Structures können Sie die Beteiligung und Kreativität im Team beflügeln.

Vermutlich kommt Ihnen das bekannt vor: Sie sind mit Ihrem Team auf der Suche nach Lösungen für ein bestimmtes Problem, doch schon wieder redet hauptsächlich Maike, nur hier und da werfen immerhin noch Stefan und Melanie etwas ein. Der Rest des Teams schweigt. In Online-Meetings wird dieses Phänomen meist noch mehr dadurch verstärkt, dass man sich mit ausgeschalteter Kamera hinter seiner schwarzen Kachel verstecken kann. Auf diese Weise rauben unzählige Meetings Energie und Ressourcen, anstatt Nutzen zu stiften. Doch wie kann es gelingen, dass sich alle gleichermaßen einbringen? Mit Liberating Structures können Sie die Beteiligung und Kreativität im Team beflügeln.

Was sind Liberating Structures?

Liberating Structures sind eine bunte Mischung verschiedener Methoden, die von Keith McCandless und Henri Lipmanowicz (2013) zusammengetragen wurden. Eigentlich wurde dieser Werkzeugkasten aus 33 Mikrostrukturen für den Präsenzbereich entwickelt, aber die meisten Strukturen funktionieren auch im virtuellen Kontext.

Auf den ersten Blick erscheinen Liberating Structures so simpel, dass man sich kaum vorstellen kann, welch kraftvolle Wirkung sie entfalten können. Vermutlich kommen sie auch deshalb so unscheinbar daher, weil sie an altbekannte Techniken wie Fishbowl oder World Café erinnern. In der Tat bedienen sie sich zum Teil bekannter Elemente, doch gerade in ihrer Einfachheit entfaltet sich ihre Wirkung.

Dies wird vielleicht an einem Beispiel deutlich: Bei der Methode 1-2-4-All denken alle Mitglieder der Gruppe zuerst eine Minute allein über eine Fragestellung nach (z.B. „Wie können wir unsere Kommunikationsstrukturen im Team verbessern?“ oder „Wie können wir unsere Stakeholder noch besser einbinden?“) Im Anschluss werden diese Ideen 2 Minuten lang zu zweit weiterentwickelt. Danach werden die Ideen der Paare 4 Minuten lang in Vierergruppen weitergedacht. Zu Abschluss stellt jede Vierergruppe eine Idee der gesamten Gruppe vor. Auf diese Weise wird in nur 12 Minuten jede Person aktiv beteiligt.

Fünf Designelemente

Liberate (engl.) bedeutet so viel wie freisetzen oder befreien, d.h. die Mikrostrukturen befreien von alten eingefahrenen Kommunikationsmustern, die häufig zu hemmend sind (wie z.B. geführte Diskussionen oder Präsentationen). Gleichzeitig sind sie nicht zu offen (wie z.B. Brainstorming), indem sie Halt geben durch eine klare Struktur. Sie sind somit weder zu eng noch zu offen. Dies wird erreicht durch 5 Designelemente, die für jede Mikrostruktur klar definiert sind:

  1. Einladung
  2. Aufbau und Materialien
  3. Einbindung der Teilnehmenden
  4. Zusammensetzung der Gruppen
  5. Ablauf und Dauer

Wichtig ist zunächst eine Einladung, aus der klar der Zweck hervorgeht. Es ist vorher klar definiert, wie die Redezeit verteilt wird, wie die Gruppen zusammengestellt werden und welche Tools zur Verfügung stehen. Dadurch, dass parallel in mehreren Kleingruppen gesprochen wird, kommt jede Person zu Wort. Das Timeboxing hilft, den Fokus zu halten und Wiederholungen oder Ausschweifungen zu vermeiden.

Einsatzgebiete und Beispiele

Liberating Structures sind vielfältig einsetzbar. Sie finden in unterschiedlichsten Organisationen Anwendung – von öffentlichen Verwaltungen oder Non-Profit-Organisationen über kleine Unternehmen bis hin zu Konzernen. Dabei sind sie für kleine, mittlere und große Gruppen gleichermaßen geeignet und können in Meetings, Workshops, Status-Präsentationen, Strategie-Entwicklung oder Lernformaten genutzt werden.

Die Mikrostrukturen helfen nicht nur dabei, introvertierte bzw. zurückhaltende KollegInnen besser einzubeziehen und auf diese Weise das Potential aller Teammitglieder besser ausschöpfen. Darüber hinaus kann ihr Einsatz die Beziehungsebene verbessern und die psychologische Sicherheit im Team stärken (Lesen Sie hier mehr zur Förderung von psychologischer Sicherheit.)

Bei der Liberating Structure TRIZ(oder auch Kopfstandmethode) wird beispielsweise gemeinsam überlegt, was man tun kann, um das schlechteste Ergebnis in Bezug auf ein wichtiges Ziel zu erreichen. Angewendet auf die Kommunikation im eigenen Team wäre dann die Frage: „Wie können wir unsere Kommunikation im Team maximal schlecht gestalten?“ Auf diese Weise können unbequeme Themen humorvoll aufgearbeitet werden. Die Kopfstandmethode hilft dabei, einen Raum zu öffnen, in dem über schwierige Themen gesprochen werden kann. Darüber hinaus eignet sich TRIZ, um Produkte erfolgreicher zu machen: „Was müssen wir tun, damit niemand unser Produkt kaufen will?“

Darüber hinaus sind Strukturen verfügbar, um die Kreativität zu erhöhen, Entscheidungs­findung zu verbessern oder Komplexität zu reduzieren. Bei der Mikrostruktur What? So What? Now What? überlegt jeder zunächst eine Minute lang allein: „What?“ Was ist mir aufgefallen z.B. in Bezug auf unsere Teamziele? Danach werden die Erkenntnisse in kleineren Gruppen besprochen. Im nächsten Schritt wird „So What?“ betrachtet: Was bedeutet das für uns? Zunächst allein, dann wieder in der Gruppe. Abschließend rückt das „Now What?“ in den Fokus: Welche nächsten Schritte machen Sinn? Für diese Übung sollten je nach Gruppengröße und Thema mindestens 45 Minuten eingeplant werden.

Bei den 9 Whys wird zunächst in 2er und später in 4er Gruppen immer wieder nach dem Warum gefragt, um den Kern bestimmter Fragstellungen herauszuschälen.

15% Lösungen eignen sich besonders, wenn es darum geht herauszuarbeiten, was getan werden kann, auch wenn ein größeres Problem nicht sofort lösbar ist. Diese Struktur legt den Fokus auf kleine realistisch durchführbare Schritte, und sorgt auf diese Weise dafür, überhaupt in Bewegung zu kommen.

Probieren Sie es aus!

Liberating Structures sind einfach und schnell zu lernen und können von jeder/jedem genutzt werden, da sie unter Creative Commons Lizenz (CC BY NC) frei zugänglich sind. Der Matchmaker auf der Liberating Structures Website hilft dabei, die passende Struktur für das eigene Anliegen zu finden. Auch die kostenfreie App LiSA erleichtert den Einstieg.

Hier sind drei praktische Tipps:

  • Bevor Sie das erste Mal eine Liberating Structure in Ihrem Team ausprobieren, besprechen Sie das offen im Team und erläutern Sie die Grundidee der Mikrostrukturen. Damit steigern Sie die Akzeptanz und gemeinsame Verantwortung.
  • Geben Sie in Ihrer Rolle als ModeratorIn nur den Rahmen für die Interaktion und beteiligen sich nicht inhaltlich am Austausch.
  • Eine Vielzahl der Mikrostrukturen basiert auf einer zufälligen Zuordnung der TeilnehmerInnen in separaten Räumen. Falls das Videokonferenztool diese Funktionalität nicht bietet, denken Sie daran, dies vorher manuell festzulegen.
  • Im virtuellen Kontext kann man keinen Redestab (wie z.B. einen Ball) weitergeben. Hier eignet sich die Nominierungsregel als Alternative: Wenn jemand seinen Beitrag zu Ende gesprochen hat, nominiert er oder sie die nächste Person, die zu Wort kommen soll („Ich gebe weiter an Sabine“).

Fazit

Liberating Structures sind Mikrostrukturen, mit denen ein fruchtbarer Austausch in Gruppen gefördert werden kann. Mit Hilfe von Timeboxing und einem klaren Rahmen helfen sie dabei, die Interaktion in Gruppen zu strukturieren und effizienter zu gestalten, indem alle Personen beteiligt werden.


Literatur: Lipmanowicz, H., & McCandless, K. (2013). The surprising power of liberating structures: Simple rules to unleash a culture of innovation. Seattle, WA: Liberating Structures Press.