Das Unternehmen topicmarks aus Zürich bietet seinen Kunden: Aus einem Text werden die wesentlichen Inhalte auf Basis eines semantischen Algorithmus zusammen gefasst. Statt einen langen Blogbeitrag, ein wissenschaftliches Paper oder gar ein Buch zu lesen, wird das Dokument bei topicmarks.com hochgeladen, und nach einigen Minuten erhält man eine Zusammenfassung des Dokuments, den sogenannten Text Knode.Dieser Text Knode enhält
- eine Liste von „Facts“, die mit Hilfe des Algorithmus extrahiert wurden. Diese Facts bestehen jeweils aus einem extrahierten Subject, einem Verb und einem Object und können in Tabellenform oder als Liste mit kurzen Sätzen dargestellt werden.
- ein „Summary“, das die wesentlichen Facts in einem kurzen Text zusammenfasst.
- einen Index, der die wichtigsten Wörter auflistet und die entsprechenden Sätze, in dem die Wörter vorkommen.
- eine Tagcloud, mit den wichtigsten Wörtern.
Der Text Knode kann dann einfach im Dashboard von topicmarks betrachtet werden, oder auch per Mail oder Twitter verteilt werden. Außerdem wird er archiviert und ist später wieder abrufbar (ausführlicher Überblick über topicmarks auf netzwertig.com).
Ich frage mich:
- Kann das funktionieren?
- Ist das die Revolution des Wissensmanagments?
- Wollen wir das?
Kann das funktionieren?
Ich hab’s ausprobiert. Die Grundlage ist ein eigener Text über den Einsatz von Wikis für organisationales Lernen. Ich habe ihn in topicmarks hochgeladen, hier finden Sie das Ergebnis.
Mein Eindruck: Die Summary gibt einen guten Eindruck, was in dem Text steht. Allerdings fehlt eine zusammenhängende Argumentation, was das Lesen (und Verstehen!) schwer macht. Die extrahierten „Facts“ sind gut, aber zum Teil so verkürzt, dass man nur versteht, was gemeint ist, wenn man den Zusammenhang des Textes kennt (Einsatz von Wikis in Unternehmen: Was muss ich beachten?). Und: Der vom Author erstellte Abstract ist kürzer und damit schneller zu lesen. Gleichzeitig enthält er sogar noch mehr Informationen. Funktioniert also noch nicht wirklich.
Ist das die Revolution des Wissensmanagments?
Ja, wenn das Prinzip funktioniert, ist das eine Revolution im Wissensmanagement. Wenn auch nur für ein einziges Problem: Ich weiß erst, ob eine Information mir weiterhilft, wenn ich sie kenne. Ein semantisches Werkzeug kann mir helfen zu entscheiden, ob eine Information, die ich nicht auf einen Blick erfassen kann (weil sie z.B. ein Paper mit 35 Seiten ist) für mich wertvoll ist. Bis jetzt sind wir noch drauf angewiesen, dass der Autor der Information uns bei der Entscheidung hilft, indem der Text gut strukturiert ist, einen guten Abstract enthält oder zu Beginn erklärt wird, was ich weiß, wenn ich den Text gelesen habe. Ein semantisches Werkzeug, das Zusammenfassungen erstellt, ist keine Lesehilfe, aber möglicherweise eine Suchhilfe.
Wollen wir das?
Nein, das wollen wir nicht. Weil 1. Slow Media „in“ ist und das auch im Wissensmanagement sein sollte. Wissen braucht Zeit, um zu reifen und Handeln zu beinflussen. Schnell lesen ist nicht alles. Und weil 2. die Informationsflut, die es zu bändigen gilt, dann noch unkontrollierter wächst. Wissen wird dann nicht mehr aufgeschrieben, um gelesen zu werden. Es ist nur die Basis, um daraus „Facts“ und „Summaries“ abzuleiten. Schreiben wir doch gleich nur noch das auf, was wichtig ist. Den Rest muss man ohnehin selbst ausprobieren.