Innerhalb kürzester Zeit hat der neuartige COVID-19 Virus die Welt auf den Kopf gestellt. Auch wenn vieles weiterhin unklar bleibt, eines ist sicher: Der Virus wird uns wohl noch lange Zeit beschäftigen. Dennoch wollen wir schon jetzt innehalten und eine erste kurze Zwischenbilanz ziehen: Welche Lektionen haben wir bisher schon dadurch gelernt?
Viele Menschen mussten lernen, sich unter anderen Arbeitsbedingungen und/oder im Homeoffice zu organisieren. Videokonferenzen aus dem Homeoffice gewähren uns kleine wunderbare Einblicke in das Privatleben unserer Mitmenschen. Welche Bilder hängen an der Wand? Huch, ist da nicht gerade eine Katze durchs Bild gehuscht? Manchmal sind auch Kinderstimmen zu hören. All das kann Nähe schaffen und sich (positiv) auf die Zusammenarbeit auswirken. Doch eines ist auch deutlich geworden: Die vielen Stockfotos zum Thema Homeoffice, auf denen der super gestylte Mitarbeiter ganz alleine und entspannt in seiner riesigen, aufgeräumten Wohnung an seinem Notebook sitzt, sind geschwindelt.
Es braucht Mut – Eine Erkenntnis von Dr. Nicole Behringer
Mir hat die aktuelle Situation aufs Neue gezeigt, wie viel Mut es braucht, Veränderungen anzugehen. Ich werde nie den Moment vergessen, als ich zum ersten Mal mit einem Mundschutz im Supermarkt einkaufen war. Zu dieser Zeit gab es noch keine Vorschrift und nur vereinzelt trugen Menschen eine Maske. Ich hatte das Gefühl angestarrt zu werden und wich den Blicken der anderen aus. Ich brauchte enorm viel Mut, dieses unangenehme Gefühl auszuhalten.
Um neue Konzepte der Arbeit auszuprobieren, braucht es auch Mut. Deshalb habe ich (lange vor der Krise) gemeinsam mit einigen digitalen Komplizen die #MutErreger Community ins Leben gerufen auf dem Netzwerk LinkedIn. Denn ich glaube, Mut ist (einer) der Schlüssel für Veränderung. Für mich ist dieser Mutraum eine New Work Zukunftswerkstatt, in der sich Gleichgesinnte finden und gemeinsam den Blick auf Chancen schärfen können. In der #MutErreger Community sollen Wissen, Erfahrungen und Impulse geteilt werden, so dass jeder seinen ganz eigenen Veränderungsprozess gestalten kann. Ich wünsche auch Ihnen viel Mut in dieser Zeit!
Professionell flexibel sein – Eine Erkenntnis von Dr. Annika Scholl
Ich habe gelernt, wie sehr ich bei der Arbeit eine Art “flexible Professionalität” (oder vielleicht auch “professionelle Flexibilität”) schätze: Gerade erlebe ich im home office, wie professionell und gleichzeitig extrem flexibel, spontan und nachsichtig wir – KollegInnen, Studierende und auch die Familie – auch bei kurzfristigen Änderungen und Verzögerungen miteinander umgehen. Zum Teil mussten sich Forschungsthemen (z.B. für geplante Bachelor- und Masterarbeiten) von einem Tag auf den anderen ändern — weil die Arbeitsrealität von so vielen Studienteilnehmenden gerade eine andere ist als die, die die Studierenden ursprünglich untersuchen wollten; Team-Meetings finden von einem Tag auf den anderen online z.T. vom häuslichen Küchentisch aus statt. Und diese Meetings sind interessanterweise inhaltsbezogen, aber auch persönlicher geworden. Für mich ist es erleichternd zu sehen, dass wir auch unter diesen so ungeplant komplett anderen Bedingungen gut zusammenarbeiten können — zum Beispiel wie schnell & bereitwillig sich meine Studierenden an die neue Situation angepasst haben und wie angenehm die Arbeit im Team auch aus dem Homeoffice mit unterschiedlichen zusätzlichen Belastungen funktionieren kann. Da scheint es einfach nicht so schlimm, wenn mal nicht gleich alles klappt wie geplant: Spontaneität und Verständnis für den anderen stehen ganz oben. Das finde ich sehr bereichernd.
Sich Zeit geben – Eine Erkenntnis von Dr. Christina Matschke
Laut Erziehungsratgebern muss man alles, was neu ist für Kinder, mit Geduld und Wiederholung angehen: neue Schlaf-Rhythmen brauchen 2 Wochen, bis sie funktionieren, rote Bete muss man mehrere Male essen, um sie zu mögen, Umgangsrituale etablieren sich durch Wiederholung. Voila- ich ticke genauso. Ich habe in dieser Krise gelernt, mir selbst und Anderen Zeit zur Anpassung zu geben. Alle, ich auch, brauchten etwa 2 Wochen, um wieder ins Lot zu kommen und sich an die Isolation, das Home office, die anderen Orte und Tätigkeiten zu gewöhnen. Veränderungen brauchen Aufmerksamkeit und Kraft. Ich habe gelernt, bei Veränderungen in diesen ersten Wochen nicht zu katastrophisieren, mal fünfe gerade sein zu lassen und allen – auch mir selbst – was Gutes zu tun. Mein Tipp: Geben Sie Ihrer persönlichen roten Bete diese 2 Wochen Zeit (denn Schokolade geht einfach gerade nicht). Wenn die rote Bete dann noch nicht schmeckt, dann probieren Sie es mit Spinat.
Wie neue Routinen sich festigen – Eine Erkenntnis von Dr. Barbara Kump
Christina Matschke’s Beitrag hat mich inspiriert, eine eigene Erkenntnis zu teilen. Am Anfang (auch ungefähr zwei Wochen lang) war die neue Home-Office Situation für mich unglaublich mühsam und anstrengend. Alles war zäh, oft funktionierte ‘die Technik’ nicht oder Abläufe gingen schief. Ich fühlte mich dauernd müde und ‘erschlagen’. Irgendwann wurde es besser: Es entstanden neue Gewohnheiten und Routinen (z.B. Beginn und Ende der Arbeitszeiten, Pausenzeiten, Freiräume…) – die Tage bekamen Struktur. Als nun vorige Woche verkündet wurde, dass wir bald wieder ins Büro dürfen, war ich fast etwas überfordert von der Vorstellung, jetzt alles wieder umstellen zu müssen, was sich so eingespielt hat. Ich habe am eigenen Leib erfahren, was ich sonst in meiner Forschung untersuche: Welche Rolle Routinen in Veränderungsprozessen spielen und was das mit Wissen (Vidoekonferenz-Skills! E-Learning! etc.) zu tun hat. Ich habe sehr konkret erlebt, wie Routinen sich verändern, wie Lernen und Verlernen sich anfühlen. Und ich habe festgestellt, dass es dann aber auch einen Punkt gibt, wo sich “das Neue” etabliert hat. Daraus nehme ich vor allem die Erfahrung mit, wie wichtig es ist, bei Veränderungsprozessen diese Phase zu durchtauchen, wo die alten Routinen zusammenbrechen und die neuen noch nicht etabliert sind und wie gut es tut, wenn man dabei Unterstützung (z.B. Schulungen für Online-Tools, Erfahrungsaustausch) hat. Und ich nehme mit: Irgendwann fühlt sich wohl auch die krasseste Umstellung ‘normal’ an.
Digitalisierung der Hochschullehre – Eine Erkenntnis von Saskia Dreßler
Für mich ist es dieses Semester eine ganz besondere Situation, denn bisher ist ein voll digitales Semester geplant. Das hat natürlich einige Vorteile: So spare ich mir die Fahrerei von über einer Stunde hin zur Hochschule und wieder zurück und auch lassen sich einige Aufgaben gleichzeitig erledigen, doch für mich überwiegen zur Zeit die Nachteile. Was mir in dieser Zeit deutlich geworden ist, ist, dass ein Umstieg in eine voll digitale Lehre nicht leicht umsetzbar ist. Es gibt bisher viele technische Probleme, Dozenten tun sich schwer ihre Veranstaltungen zu digitalisieren und die Informationen kommen nur langsam oder gar nicht an. Trotzdem glaube ich, dass sich ziemlich viel lernen lässt. So bin ich beispielsweise als Tutorin bei einer Veranstaltung dabei und erlebe den Digitalisierungsprozess hautnah. Ich hoffe, dass dieses Semester für die Hochschullehre ein Startschuss ist in die digitale Lehre besser einzusteigen und die für mehr Digitalisierung zu sorgen. Persönlich nehme ich auch mit, dass ich achtsamer geworden bin. Ich beginne mich über Kleinigkeiten mehr zu freuen und genieße beispielsweise den täglichen Spaziergang mit dem Hund mehr als vorher, da ich einfach froh bin einmal rauszukommen. Auch nehmen andere Dinge, wie mein Geburtstag, an Bedeutung ab und ich habe das Gefühl, dass sich vieles in meiner Wahrnehmung verschoben hat und ich hoffe, dass ich diese Einstellung auch nach der Corona-Zeit mitnehmen kann.
Die Krise als Chance nutzen – Eine Erkenntnis von Dr. Johanna Disselhoff
Ich habe bereits Ende 2018 angefangen, meine Selbstständigkeit auf digitale Angebote umzustellen und arbeite seit ca. einem Jahr komplett digital und online. Für mich hat sich also durch die Krise an meiner Arbeit nicht viel geändert. Allerdings habe ich sehr schnell in meinem Umfeld mitbekommen, dass bei vielen anderen Solo-Selbstständigen sämtliche Einnahmen eingebrochen sind und manchen innerhalb weniger Tage die komplette Existenzgrundlage entzogen wurde. Das habe ich zum Anlass genommen, direkt einige kostenlose Business-Coachings anzubieten und habe meine wichtigsten Erste-Hilfe Tipps für Selbstständige in einem kostenlosen Workbook veröffentlicht. Einfach aus der Idee heraus, anderen Selbstständigen in dieser Krise helfen zu wollen, wurde ich auch einmal um Monate, wenn nicht sogar Jahre, nach vorne katapultiert in meiner Selbstständigkeit. Denn eigentlich hatte ich schon lange geplant, Business-Coaching für Solo-Selbstständige anzubieten, mich aber bisher nie getraut. Mir hat immer noch ein Schritt gefehlt. Ganz oft habe ich mir gesagt: “Ich gebe erst noch diesen Workshop, dann habe ich nochmal mehr Erfahrung und kann noch besser helfen” oder “Ich warte noch ein Jahr, dann bin ich länger selbstständig und wirke vertrauenswürdiger”. So habe ich diesen Schritt seit mindestens 2 Jahren vor mir her geschoben und ich hätte niemals damit gerechnet, dass eine solche Krise wie die Corona-Pandemie dazu führt, dass ich endlich diesen entscheidenden Schritt gehe und das anbiete, was mir schon so lange am Herzen liegt. In jeder Krise liegt eine Chance. Das habe ich schon sehr oft erlebt. Ich wünsche Dir sehr, dass auch Du Deine Chance in dieser Krise entdeckst. Wenn Du selbstständig bist und Unterstützung suchst, dann kannst Du Dir hier mein kostenloses Workbook für Selbstständige herunterladen: https://www.drjohannadisselhoff.de/workbook-fuer-selbststaendige-anmeldung/