Wettbewerb ist in Organisationen allgegenwärtig, da er Personen zu höheren Leistungen anspornen soll. Allerdings ruft Wettbewerb auch antisoziale Tendenzen hervor – nicht nur gegenüber den eigentlichen Konkurrenten, sondern auch gegenüber völlig unbeteiligten Personen.
Download: wissens.blitz (144)
Mitarbeitende in Organisationen stehen häufig im Wettbewerb miteinander. Sie konkurrieren zum Beispiel um eine Bonuszahlung, um eine Beförderung, oder um einen höheren Status innerhalb der Arbeitsgruppe. Solche Wettbewerbssituationen werden häufig gezielt herbeigeführt – mit der Absicht, dass sich die Beteiligten mehr anstrengen und bessere Leistungen abliefern. Allerdings bringt Wettbewerb in vielen Fällen Kosten auf der sozialen Ebene mit sich. Konkurrent/innen teilen weniger Informationen miteinander und nehmen weniger Ratschläge an (siehe auch wissens.blitz (47) zu den Nebenwirkungen von Wettbewerb) oder geben gar falsche Informationen weiter, um ihre Rivalen zu täuschen (siehe auch wissens.blitz (135) zu Lug und Betrug). Im Hinblick auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit im Unternehmen wäre es daher ratsam, den Kreis der Konkurrent/innen in einem internen Wettbewerb um eine Beförderung o.ä. möglichst klein zu halten. Denn zumindest im Arbeitsumfeld abseits des Wettbewerbs sollte „business as usual“ erfolgen und sich die Kolleg/innen gegenseitig unterstützen.
Negative Übertragungseffekte durch Wettbewerb
Doch Vorsicht: Wettbewerbe können sogar antisoziale Effekte über den Wettbewerb hinaus erzeugen. Die Forschung spricht hierbei vom sogenannten Übertragungseffekt.
In einer Studie führte z.B. das Erleben oder gar die bloße Erinnerung einer Wettbewerbssituation (im Vergleich zu einer Kooperations- oder einer neutralen Situation) dazu, dass diese Personen stärkere Vorurteile gegenüber unbeteiligten Fremdgruppen äußerten – obwohl die Mitglieder dieser Gruppen überhaupt nichts mit der Wettbewerbssituation zu tun hatten. Dieser Übertragungseffekt des Wettbewerbs scheint dabei durch eine gedankliche (d.h. kognitive) Wettbewerbsorientierung zu entstehen: Durch das Erleben (oder Vorstellen) eines Wettbewerbs wird mental ein Wettbewerbsdenken aktiviert, das sich unbewusst auf neue Situationen überträgt.
Wettbewerbsdenken und die Folgen für Unbeteiligte
Demnach tendieren Personen dazu, das Wettbewerbsdenken noch für gewisse Zeit „aufrecht zu erhalten“ – auch wenn sie sich gerade bereits neuen Aufgaben widmen. Als Folge würden sich Mitarbeitende, die um eine Beförderung o.ä. konkurrieren, womöglich auch antisozial gegenüber an diesem Wettbewerb unbeteiligte Kolleg/innen verhalten, indem sie z.B. im darauf folgenden Teammeeting wichtige Informationen zurückhalten oder gar verfälscht weitergeben.
Vorsicht bei der Einführung von Wettbewerbssituationen
Daher gilt: Auch wenn interne Wettbewerbe nur auf wenige Personen beschränkt sind, können sich die negativen Auswirkungen sogar auf die Zusammenarbeit mit Unbeteiligten übertragen und gefährden somit ein erfolgreiches Wissensmanagement und den Erfolg des gesamten Unternehmens. Daher müssen Verantwortliche bewirken, dass Konkurrent/innen ihr Wettbewerbsdenken nicht auf sämtliche Interaktionen mit Kolleg/innen anwenden, sondern ihnen die Notwendigkeit der kooperativen Zusammenarbeit bewusst wird. Als Führungskraft sollten Sie daher vor allem auch dann konsequent kooperatives Verhalten einfordern, wenn Mitarbeitende miteinander konkurrieren. Auf diese Weise könnten Sie die sozialen Kosten von internen Wettbewerben möglichst gering halten, ohne auf den Ansporn zu verzichten.
Literaturnachweis: Sassenberg, K., Moskowitz, G. B., Jacoby, J., & Hansen, N. (2007). The carry-over effect of competition: The impact of competition on prejudice towards uninvolved outgroups. Journal of Experimental Social Psychology, 43, 529-538. doi: 10.1016/j.jesp.2006.05.009
Zitieren als: Landkammer, F. (2014) Wettbewerb am Arbeitsplatz kann negative Folgen für unbeteiligte Kollegen erzeugen. wissens.blitz (144). https://wissensdialoge.de/wettbewerb
Kommentarfunktion geschlossen.