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„Frauen können nicht logisch denken!“ Wie Stereotype die Leistung beeinflussen

Die bloße Erinnerung an ein negatives Vorurteil kann die Leistung von Mitarbeitenden vermindern, obwohl sie eigentlich kompetent und motiviert sind. Warum ist das so? Und was kann man dagegen tun?

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Stereotype – das heißt Annahmen über die Merkmale, die eine bestimmte Gruppe von Personen charakterisieren – gibt es im Arbeitsalltag jede Menge: „Frauen können nicht logisch denken“ und sind deshalb ungeeignet für strategische Positionen, „Männer sind keine Multi-Tasker“ und deshalb keine guten Teamleiter, und „Ausländer sind faul“ und keiner will mit faulen Kollegen arbeiten. Jeder kennt Stereotype, und kleine Sticheleien oder Witze beim Mittagessen halten Stereotype im gemeinschaftlichen Gedächtnis aufrecht. Stereotype sind aber nicht nur unangenehm für die Betroffenen, sondern wirken sich auch auf die Arbeitsleistung aus.

Die Bedrohung durch Stereotype

Ein uns selbst betreffendes Stereotyp kann, wenn es einmal in unseren Köpfen aktiviert ist, unsere Leistung vermindern: Wenn man z.B. einer Gruppe von Frauen mathematische Aufgaben gibt und vorher erwähnt, dass bei dem Test Geschlechtsunterschiede auftreten, dann schneiden Frauen schlechter in diesem Test ab als Männer. Wenn der gleiche Test ohne eine solche Aktivierung des Stereotyps „Frauen sind schlechter in Mathe“ bearbeitet wird, dann sind die Testleistungen von Frauen und Männern gleich. Ähnliche Befunde gibt es für Männer im sprachlichen Bereich und für Menschen mit Migrationshintergrund im allgemeinen Leistungsbereich. Die bloße Aktivierung des negativen Leistungsstereotyps mindert die Leistung der stereotypisierten Gruppe – und das Stereotyp bestätigt sich damit selbst. Stereotype können, wenn sie nicht sowieso in den Köpfen sind, sehr leicht durch unbedachte Äußerungen, durch die bloße Angabe z.B. des Geschlechts auf einem Fragebogen oder durch eine unausgewogene Gruppenzusammensetzung aktiviert werden. Wie kommt es aber, dass Menschen bei Stereotypisierung schlechtere Leistung zeigen?

Warum vermindern Stereotype die Leistung?

Wenn ein negatives Leistungsstereotyp über die eigene Gruppe aktiviert wird, dann denken die Stereotypisierten vermehrt über Dinge nach, die nichts mit der Aufgabe an sich zu tun haben, z.B. über die ungerechte Behandlung. Dazu kommt, dass Stereotypisierte nervöser werden: Herzschlag und Blutdruck gehen in die Höhe. Auch negative Gefühle wie Angst und Frustration sind Folgen aktivierter Stereotype. Zusammengenommen heißt das, dass die Person stärker von der eigentlichen Aufgabe abgelenkt ist, weniger Kapazitäten zum Lösen der Aufgabe hat und negative Gefühle die Motivation zur Aufgabenlösung vermindern. All das führt dazu, dass selbst leistungsstarke, selbstbewusste und motivierte Menschen schlechtere Leistungen zeigen. Langfristig kann es dazu kommen, dass Stereotypisierte diesen Leistungsbereich meiden. Wenn aber ganze Gruppen vor bestimmten Bereichen zurück schrecken, dann gehen wichtige Beiträge dieser Gruppen verloren und Potentiale bleiben unausgeschöpft.

Maßnahmen gegen die Bedrohung

Im Arbeitsalltag können Stereotype sehr leicht (und oft unabsichtlich) aktiviert werden. Beim Einstellungstest können z.B. unbedachte Kommentare von Mitbewerbern das Ergebnis verfälschen. Bei der Präsentation von Ergebnissen kann ein Kommentar über den Kleidungsstil Stereotype aktivieren. Stereotype sind nicht leicht aus der Welt zu schaffen. Im Arbeitsalltag kann man aber bewusst Maßnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass Stereotype die Leistung vermindern.

Literaturnachweis:
Martiny, S. E., & Götz, T. (2011). Stereotype Threat in Lern- und Leistungssituationen: Theoretische Ansätze, empirische Befunde und praktische Implikationen. In M. Dresel & L. Lämmle (Hrgs.), Motivation, Selbstregulation und Leistungsexzellenz (Talentförderung – Expertiseentwicklung – Leistungsexzellenz, Bd. 9, S. 153-177). Münster: LIT.

Zitieren als: Matschke, C. (2014). Bedrohung durch Stereotype im Arbeitsalltag. wissens.blitz (143). https://wissensdialoge.de/stereotype