Download: wissens.blitz (112)
Beim Reverse Mentoring bringen junge Mitarbeiter als Mentoren erfahrenen Managern die Welt der sozialen Medien näher.
Ein wichtiger Erfolgsfaktor bei der Einführung von Web 2.0 Technologien in Unternehmen sind starke Vorbilder und aktive Unterstützer auf der Management-Ebene. Doch gerade dieser Support von „oben“ ist häufig schwierig sicherzustellen – nicht zuletzt weil zumeist ältere Führungskräfte in der Regel wenig Erfahrungen im Umgang mit sozialen Medien mitbringen. Jüngere Mitarbeiter hingegen gehen als „Digital Natives“ intuitiv und selbstverständlich mit den neuen Medien um. Was liegt da näher, als sich den Wissensvorsprung der Jüngeren in Sachen Enterprise 2.0 zunutze zu machen?
Reverse Mentoring als Rollentausch
Klassisches Mentoring ist bereits in vielen Unternehmen ein fester Bestandteil der Personalentwicklung. Dabei werden junge Nachwuchskräfte von erfahrenen – und dadurch meist älteren – Mentoren betreut. Beim Reverse Mentoring (RM, umgekehrtes Mentoring) sind die Rollen vertauscht: hier coacht der Junior den Senior. Dies kann natürlich nur für Themen funktionieren, bei denen der Junior mehr Erfahrung hat als der Senior.
Abgrenzung zum klassischen Mentoring
Klassische Mentoring-Verhältnisse bestehen häufig über einen längeren Zeitraum. Reverse Mentoring (RM) hat dagegen Projektcharakter: Ist das Lernziel erreicht, endet in der Regel auch der Austausch.
Ein weiterer Unterschied ist der Gegenstand der Beratung: Ein klassischer Mentor agiert personenorientiert, d.h. er unterstützt seinen Schützling als Ansprechpartner, Kritiker, Berater und/oder Förderer entlang unterschiedlichster Themen. Dem gegenüber steht die Sachorientierung beim RM, hier berät der Mentor zu einem spezifischen Sachverhalt.
Generationenübergreifende Tandems
Zunächst gilt es, geeignete Mentoren zu identifizieren. Neben guten kommunikativen Fähigkeiten sollte ein Mentor hervorragende Kenntnisse und intensive Erfahrungen im Bereich Social Media mitbringen und aufgrund von Auftritt und Verhalten Akzeptanz bei seinem Mentee finden.
Vertrauen und Diskretion sind Grundvoraussetzungen für ein Lernklima, in dem Wissenslücken offen angesprochen werden können. Deshalb wird bei der Zusammenstellung der Tandems Cross-Mentoring angewendet, d.h. der Mentor sollte aus einem anderen Unternehmensbereich kommen als der Mentee.
Erfolgsfaktoren
- Prominente Förderer
- Sorgfältige Auswahl der Mentoren
- Workshops zur Vorbereitung der Mentoren
- Klar strukturierter Leitfaden für die Sitzungen
- Prinzip der Freiwilligkeit für die Führungskräfte
- Vertrauen und Diskretion
Vorbereitung durch Workshops
Beide Lernpartner treffen sich in Einzelsitzungen (Eins-zu-Eins-Mentoring), wobei Umfang und Frequenz der Treffen individuell festgelegt werden. In von der Personalentwicklung begleiteten Workshops werden die jungen Mentoren fit gemacht in Sachen Didaktik: Es hat sich bewährt, im ersten Teil jeder Sitzung auf die Theorie zu fokussieren, während der zweite Teil für das praktische Ausprobieren reserviert ist. Darüber hinaus entwickeln die Mentoren in Workshops gemeinsam einen Leitfaden mit möglichen Inhalten, aber letztlich setzen die Tandems ihre Schwerpunkte selbst. Auf diese Weise kann der Mentor gezielt auf die Bedürfnisse und Interessen seines Schützlings eingehen.
Beide Seiten profitieren
Dabei können beide Seiten voneinander profitieren. Der Mehrwert für die Führungskräfte liegt auf der Hand: Sie erweitern ihr Wissen in punkto Social Media. Gleichzeitig erfahren sie mehr über die Einstellung und Haltung der jüngeren Generation. Die Mentoren gewinnen einen Einblick in die Tätigkeit der von ihnen betreuten Führungskraft und lernen neue Unternehmensbereiche kennen. Zudem erweitern sie ihr Netzwerk in die Führungsebenen hinein, denn beim RM werden zwei Hierarchie-Ebenen und Generationen miteinander vernetzt, die sonst wenige Berührungspunkte miteinander haben.
Fazit
Die Einsatzmöglichkeiten von Reverse Mentoring sind zahlreich, jedoch eignet sich die Idee des umgekehrten Lehrens und Lernens besonders im Kontext digitaler Medien. Richtig eingesetzt kann Reverse Mentoring dazu beitragen, die Verbreitung von Web 2.0 Anwendungen im Unternehmen zu beschleunigen.
Literaturnachweis:
Heuser, M. (2011). Reverse Mentoring: Die Lernpyramide auf den Kopf stellen. In K. Schwuchow & J. Gutmann (Hrsg.), Jahrbuch Personalentwicklung 2011: Ausbildung, Weiterbildung, Management Development (S. 343-348). Köln: Wolters Kluwer.
Marcinkus Murphy, W. (2012). Reverse mentoring at work: Fostering cross-generational learning and developing millennial leaders. Human Resource Management, 51(4), 549-574.
Zitieren als: Behringer, N. (2013). Reverse Mentoring: Wenn der Senior vom Junior lernt. wissens.blitz (112). https://wissensdialoge.de/reverse_mentoring