Immer mehr Unternehmen ergänzen ihre formalen Qualifizierungsangebote um Performance Support. Doch was genau verbirgt sich eigentlich hinter diesem Begriff?
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Grenzen formaler Lernangebote
Formale Qualifizierungsmaßnahmen wie Präsenzschulungen und Online Seminare werden den wachsenden Arbeitsanforderungen häufig nicht mehr gerecht. Eine Ursache ist der stetig wachsende Umfang an Informationen über neue Systeme und Prozesse. Mitarbeitende sind zunehmend auf einen schnellen und unkomplizierten Zugang zu Wissen angewiesen, um ihre Arbeit erfolgreich erledigen zu können. Ein weiterer Grund liegt in der zeitlichen Begrenzung von formalen Lernangeboten. Beispielsweise wird ein Online Seminar in der Regel nur einmal bearbeitet und danach nur noch selten bis gar nicht wieder aufgerufen. So gerät das Gelernte schnell in Vergessenheit, wie auch die berühmte Vergessenskurve nach Ebbinghaus (1885) aufzeigt.
Das 70-20-10 Lernmodell
In den letzten Jahren hat sich in der Personalentwicklung zunehmend die 70-20-10 Lernformel etabliert als Rahmenmodell für einen idealen Lernmix. Das 70-20-10 Lernmodell basiert auf Ergebnissen von Recherchen von Lombardo und Eichinger (1996) und verdeutlicht, auf welche Weise Lernprozesse im Arbeitsprozess stattfinden: · 70% des Lernens findet bei der Arbeit selbst statt durch konkrete Erfahrungen · 20% des Lernens geschieht durch Kommunikation mit anderen Menschen · 10% des Lernens findet durch formales Lernen statt (Schulungen, Bücher, …) Nach diesem Modell deckt die klassische Personalentwicklung mit formalen Qualifizierungsmaßnahmen wie Präsenzschulungen und Online Seminaren also nur 10% des Lerngeschehens ab. Performance Support hingegen fokussiert auf die 70% des Lerngeschehens, die direkt am Arbeitsplatz zum Tragen kommen.
Performance Support im Arbeitsalltag
Performance Support bezieht sich auf Hinweise, Ressourcen oder Werkzeuge, die innerhalb des Arbeitsprozesses zur Verfügung gestellt werden (vgl. Rosenberg, 2013). Das reicht von gedruckten Unterlagen (z.B. Checklisten, Spickzetteln, überblicksartige Bedienungsanleitungen, FAQs oder auch Hinweisschildern) bis hin zu technologischen Lösungen (z.B. Hilfefunktionen in Softwareanwendungen). Auch Mobile Learning gewinnt als „mSupport“ zunehmend an Bedeutung (siehe auch wissens.blitz Nr. 20 zu Electronic Performance Support Systems). Darüber hinaus umfasst Performance Support auch Tools für das persönliche Wissens- und Informationsmanagement wie Suchmaschinen, Übersetzungsseiten oder auch YouTube Tutorials. Auch Datenbrillen wie Google Glass zählen zu den Performance Support Tools. Damit Performance Support im richtigen Moment von praktischem Nutzen sein kann, muss er innerhalb kürzester Zeit verfügbar sein. Dabei gilt das Minimalprinzip: Es sollte gerade so viel Information wie nötig zur Verfügung stehen, um den Arbeitsprozess effektiv zu unterstützen. Zusätzlich sollte die Möglichkeit bestehen, bei Bedarf nach weiteren Informationen zu suchen. Das Ziel dabei ist immer, im Moment des Bedarfes zu lernen, wenn eine spezielle Handlung oder Aufgabe ausgeführt wird, sowie die Hilfestellung nahtlos in den Arbeitsprozess zu integrieren.
Fazit
Was in Präsenzschulungen und Online Seminaren einmalig gelernt wird, wird auch schnell wieder vergessen. Performance Support als Ergänzung zu formalen Lernangeboten beinhaltet das, was Mitarbeitenden in ihrem Arbeitsalltag wirklich weiterhilft, indem passende Inhalte im Moment des Bedarfs zielgenau zur Verfügung gestellt werden.
Literaturnachweis: Ebbinghaus, H. (1985). Über das Gedächtnis. Untersuchungen zur experimentellen Psychologie (1. Aufl., Leipzig 1885).
Lombardo, M. & R. Eichinger (1996). The Career Architect Development Planner (1st edition), Minneapolis: Lominger.
Rosenberg, M. (2013). At the Moment of Need: The Case for Performance Support. Whitepaper abrufbar unter: www.eLearningGuild.com
Zitieren als: Behringer, N. (2015). Performance Support – Bedarfsorientiertes Lernen am Arbeitsplatz. wissens.blitz(157). https://wissensdialoge.de/performancesupport