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„Froh ohne Haribo“: Warum uns gesünder leben im Büro oftmals so schwerfällt

Etwas für die Gesundheit tun wollen viele von uns. Doch oftmals bleibt nur die Hälfte davon über längere Zeit am Ball. Warum wir an unseren Gesundheitszielen im Arbeitsalltag scheitern, haben Forscher in einer Studie untersucht.

Etwas für die Gesundheit tun wollen viele von uns. Doch oftmals bleibt nur die Hälfte davon über längere Zeit am Ball. Warum wir an unseren Gesundheitszielen im Arbeitsalltag scheitern, haben Forscher in einer Studie untersucht.

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Es ist manchmal frustrierend. Egal, wie motiviert wir sind: An manchen Zielen scheitern wir immer wieder. Ziele rund um das Thema Gesundheit gehören häufig dazu. Das ist aber erstaunlich. Aus verschiedenen Gründen ist es uns wichtig, ein gesünderes Leben zu führen. Denn wer ist schon gerne krank oder will es werden? Für viele von uns ist mit einem gesunden Lebensstil unweigerlich verbunden, das Ernährungsverhalten umzustellen oder anzupassen – vielleicht insbesondere im Arbeitsalltag und den oft kurzen Mittagspausen.

So könnten wir uns beispielsweise vornehmen, in der Kantine aktiv mehr „gesunde Dinge“ wie Obst oder Gemüse auszuwählen. Forscher bezeichnen das als Annäherungsziel (approach goal). Denn mit jedem Apfel und jeder Gurke kommen wir einem guten Ergebnis für unsere Gesundheit näher. Wir könnten natürlich auch auf Ungesundes, wie Süßigkeiten oder Zigarettenpausen, verzichten. In diesem Fall sprechen die Forscher von Vermeidungszielen (avoidance goals). Das kommt daher, dass wir durch jeden Verzicht etwas vermeiden, das schlecht für uns wäre. In beiden Fällen müssen wir das neue Verhalten über einen langen Zeitraum durchhalten, um dem Ziel wirklich näher zu kommen. Das ist schwierig und wahrscheinlich ein Grund dafür, dass wir die konsequente Verfolgung unserer Gesundheitsziele vielfach abbrechen.

Weshalb unser Büro ein „guter“ Ort zum Scheitern sein kann

Im Arbeitsalltag ist die Wahrscheinlichkeit abzubrechen hoch. Das liegt vermutlich an einer gefährlichen Mischung. So gibt es – gerade in Büros – naturgemäß sehr viele Situationen, in denen wir scheitern könnten. Viele kennen das: Heißhunger nach langen Meetings, hastige Kantinenmahlzeiten in viel zu kurzen Mittagspausen, unbewusstes Futtern beim vertieften Arbeiten am PC. Ergänzt durch Geburtstagsfeiern, Einstände, Ausstände und andere Anlässe, zu denen im Kollegenkreis gegessen und getrunken wird.

Doch es sind nicht nur die Gelegenheiten allein. Zum Verhängnis wird uns, dass wir im Arbeitsalltag – ebenfalls naturgemäß – unsere Aufmerksamkeit für andere Dinge brauchen. Plötzlich ist Vieles wichtig, dringend und prasselt auf uns ein. Freie Kapazitäten: Keine! Dadurch gehen die Gedanken an unsere Pläne oder guten Vorsätze leicht unter. Ohne es zu merken, fallen wir in solchen Momenten in unsere alten Verhaltensweisen zurück. Erst auf dem Nachhauseweg stellen wir dann überrascht fest, dass wir uns den Tag über in vielen verschiedenen Situationen nicht im Einklang mit unseren Gesundheitszielen verhalten haben. Diese Erkenntnis fühlt sich nicht gut an.

Warum uns Verzicht besonders schwer fällt

Bei Gesundheitszielen geht es besonders häufig ums Vermeiden oder Verzichten. Zu Beginn ist das kein Problem. Es sollte uns ähnlich gut gelingen, für einige Tage mehr Obst oder weniger Süßes in der Kantine oder in der kleinen Pause zwischendurch zu essen. Sobald wir aber längere Zeiträume betrachten, ändert sich das. Forscher haben herausgefunden, dass wir dann mit Vermeidungszielen deutlich mehr Schwierigkeiten haben. Das liegt wahrscheinlich daran, dass diese selten ein klar festgelegtes Ende haben.

Angenommen, wir wollen künftig dreimal täglich Obst am Schreibtisch essen. Schon nach dem dritten Apfel hätten wir unser Tagesziel erreicht und könnten uns gedanklich anderen Dingen zuwenden. Bei einem Vermeidungsziel wäre das aber nicht der Fall. Zwar könnten wir uns genauso vornehmen, dreimal täglich auf Süßes zu verzichten oder bei der nächsten Betriebsfeier den Kuchen wegzulassen. Doch leben wir dann bereits zwingend gesünder? Oftmals sind wir eben doch im Lauf des Tages vier, fünf oder noch mehr „süßen Versuchungen“ ausgesetzt. Und es wäre es wenig nützlich, wenn wir zwar dauerhaft drei kleinen Gummibärchen in der Schale auf dem Schreibtisch unserer Kollegin widerstehen, zu großen Schoko-Sahne-Torten aber einfach nicht nein sagen können.

Um nicht an unserem Ziel zu scheitern, müssen wir deshalb ständig aufmerksam sein. Wir müssen erkennen, wenn eine Situation eintritt, die erfordert, dass wir „nein“ sagen. Das ist auf Dauer anstrengend und braucht, anders als einfache Annäherungsziele, viel Gehirnkapazität. Diese fehlt uns jedoch im Arbeitsalltag, wie wir bereits festgestellt haben.

Doch lässt sich daran vielleicht etwas ändern? Können wir etwas tun, um sogar in schwierigen Situationen unsere Ziele seltener aus den Augen zu verlieren? Tatsächlich haben Forscher eine einfache Technik entdeckt, die uns dabei helfen kann – diese werde ich im nächsten Beitrag vorstellen.

Literaturnachweis: Gollwitzer, P. M. (1999). „Implementation intentions: Strong effect of simple plans.“ American Psychologist, 54, 493–503. doi:10.1037/0278-6133.27.4.438

Zitieren als: Hanft, D. (2019). „Froh ohne Haribo“: Warum uns gesünder leben im Büro oftmals so schwerfällt. wissens.blitz (200). https://wissensdialoge.de/schwierigkeiten-bei-gesünder-leben-im-büro