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Weiblich erfolgreich: Ein Widerspruch in sich?

Zwar steigt der Anteil an Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen deutscher Firmen in den letzten Jahren zunehmend und dennoch gibt es immer wieder Berichte von Unternehmen, die behaupten, dass es keine qualifizierten Frauen gäbe, die für eine Vorstandsposition in Frage kämen. Die Anzahl der Topmanagerinnen in Deutschland lässt sich fast noch an einer Hand abzählen.

Warum ist es für Frauen so schwer, in eine Führungsposition zu kommen?

Eine Erklärung liefert die Sozialpsychologie: Geschlechterstereotype beeinflussen unsere Wahrnehmung dahingehend, dass wir Frauen insgesamt weniger Kompetenz in beruflichen Themen zutrauen und sie im Job nicht so ernst nehmen wie Männer. Und dieses Phänomen betrifft nicht nur Männer, auch Frauen schreiben sich und anderen Frauen weniger Kompetenz zu als Männern.

Was macht ein Stereotyp mit unserer Wahrnehmung?

Stereotype sind teil der sozialen Kategorisierung, also einem automatischen Prozess in unserem Gehirn, der uns dabei hilft, die Welt um uns herum zu verstehen. Damit wir die Informationen um uns herum verarbeiten können, brauchen wir automatische Filter unserer Wahrnehmung. Wir ordnen daher alles, was wir sehen, in Kategorien und Schemata ein. Diese Schemata, oder wenn es um Menschen geht Stereotype, enthalten dann Informationen darüber, was wir von einer Person erwarten und welche Eigenschaften wir dieser Person zuschreiben. Stereotype sind also eine Art Schablone, die wir nutzen, um andere Menschen einzuordnen. Ist ein Stereotyp aktiviert, dann erwarten wir ein bestimmtes Verhalten und nehmen auch eher die Dinge wahr, die zu unserer Erwartung passen.

Wie beeinflussen Stereotype die Karriere?

Das gängige Stereotyp eines Mannes (dominant, durchsetzungsfähig, direktiv) passt sehr gut zum Stereotyp einer Führungskraft. Das Stereotyp einer Frau (liebevoll, umsorgend, hilfsbereit) aber leider nicht. Das führt dazu, dass Frauen oft deutlich mehr leisten müssen, um als kompetent wahrgenommen zu werden und auch seltener befördert werden. Und selbst wenn Frauen dann durchsetzungsstark auftreten und sich eher „männliche“ Eigenschaften zunutze machen, wird ihnen das oft negativ ausgelegt. Sie wirken dann schnell unsympathisch und unnahbar. So führen diese Wahrnehmungsprozesse dazu, dass sich die Karrierechancen für Männer und Frauen unterscheiden (Elprana, Hernandez & Pundt, 2016).

Es ist für Frauen daher eine Gratwanderung, wenn sie erfolgreich sein wollen. Werden sie dem Stereotyp einer Frau gerecht, wirken sie inkompetent und werden nicht eingestellt oder befördert. Werden sie dem Stereotyp einer Führungskraft gerecht, wirken sie unweiblich und unsympathisch und werden deswegen seltener eingestellt oder befördert (Rudman & Glick, 2001). Eine Frau muss also genau die richtige Mischung finden aus Führungsskills und weiblichem Auftreten, um im Job ernst genommen zu werden (Catalyst, 2007).

Wie kann man Geschlechterstereotypen entgegenwirken?

Als betroffene Frau sollte man sich eine klare, offene Kommunikation angewöhnen. Es kann enorm helfen, wenn man immer wieder in Gesprächen mit Vorgesetzten kommuniziert, was man erreichen möchte und welche Position man anstrebt (vgl. Catalyst, 2007). So wirkt man den unbewussten Kategorisierungsprozessen entgegen und zwingt den Anderen dazu, sich bewusst Gedanken zu machen. Dann kann man diese Chance direkt dazu nutzen, die eigenen Erfolge anzusprechen und auf die bisherige Leistung aufmerksam zu machen. So wird vermieden, dass diese Leistung als Glückstreffer abgetan wird und Vorgesetzte weiterhin glauben, dass man inkompetent sei.

Als Führungskraft oder Unternehmen kann man Stereotypisierung entgegenwirken, indem man beispielsweise Mentoringprogramme für weibliche Nachwuchskräfte oder interessierte Mitarbeiterinnen anbietet. Hier kann es zudem helfen, wenn man die betreffenden Mitarbeiterinnen im persönlichen Gespräch dazu ermuntert, sich für das Mentoringprogramm anzumelden. Denn die Stereotypisierung führt leider auch dazu, dass Frauen sich nichts zutrauen und sich daher viel zu selten auf interessante Stellen bewerben.

Weitere Informationen zum Thema Stereotype & Führung, sowie effektive Maßnahmen, um ein genderfaires Arbeitsumfeld zu entwickeln, vermittele ich in meinen Workshops. Weitere Informationen gibt’s hier.

 

Literatur

Catalyst. (2007). The double-bind dilemma for women in leadership: Damned if you do, doomed if you don‘t. New York, NY: Catalyst. Abgerufen von https://www.catalyst.org/research/the-double-bind-dilemma-for-women-in-leadership-damned-if-you-do-doomed-if-you-dont/

Elprana, G., Hernandez, A., & Pundt, L. (2016). Frauen in Führungspositionen. In Handbuch Mitarbeiterführung (pp. 185-197). Springer, Berlin, Heidelberg.

Rudman, L. A., & Glick, P. (2001). Prescriptive genderstereotypes and backlash toward agentic women.Jour-nal of Social Issues, 57, 743–762.

Zwar steigt der Anteil an Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen deutscher Firmen in den letzten Jahren zunehmend und dennoch gibt es immer wieder Berichte von Unternehmen, die behaupten, dass es keine qualifizierten Frauen gäbe, die für eine Vorstandsposition in Frage kämen. Die Anzahl der Topmanagerinnen in Deutschland lässt sich fast noch an einer Hand abzählen.