Auf der Arbeit überfördert?

Nicht nur für Organisationen, sondern auch für Mitarbeitende können Beförderungen unerwünschte Folgen haben. Mit dem Fokus auf Mitarbeitende informiert dieser Blitz über mögliche Ursachen und Gegenmaßnahmen.

Nicht nur für Organisationen, sondern auch für Mitarbeitende können Beförderungen unerwünschte Folgen haben. Mit dem Fokus auf Mitarbeitende informiert dieser Blitz über mögliche Ursachen und Gegenmaßnahmen.
Besseres Gehalt, mehr Prestige und größerer Gestaltungsspielraum – von einem beruflichen Aufstieg versprechen sich viele Mitarbeitende Vorteile. Entsprechend sollte eine Beförderung das Wohlbefinden einer Person positiv beeinflussen. Doch ist das wirklich so?

Fördert eine Beförderung auch das Wohlbefinden?

Diese Frage lässt sich nur durch Studien beantworten, indenen Personen ausreichend lange vor und nach einer Beförderung untersucht werden. Solche Längsschnittuntersuchungen fördern Überraschendes zutage: Auch wenn Beförderungen zunächst tatsächlich die Arbeitszufriedenheit erhöhen, sinkt diese nach etwa drei Jahren auf das Ausgangsniveau von vor der Beförderung (Johnston & Lee, 2012). Noch erstaunlicher: Trotz Gehaltserhöhung und größerem beruflichen Gestaltungsspielraum leiden Mitarbeitende in den Jahren nacheiner Beförderung zunehmend unter einer Beeinträchtigung
ihres Wohlbefindens (Boyce & Oswald, 2012). Wie kommt es dazu?

Von der Beförderung zur Überforderung

Nach einer Beförderung steigt im Schnitt auch die Arbeitsbelastung – und zwar dauerhaft. Beförderte empfinden ihre Arbeit als stressiger und arbeiten länger alsvor der Beförderung (Johnston & Lee, 2012). Eine mögliche Erklärung für diesen Stressanstieg liefert das sogenannte Peter-Prinzip (siehe wissens.blitz 121): Bei Beförderungen werden üblicherweise Mitarbeitende, die sichauf einer Stelle bewähren, auf eine in der Hierarchiehöher angesiedelte Stelle befördert. Haben die Anforderungsprofile von Ursprungs- und Beförderungsstelle wenige Gemeinsamkeiten, besteht das Risiko, dass Mitarbeitende auf der neuen Stelle die Grenzen ihrer Fähigkeiten überschreiten. Man denke beispielsweise aneinen Chirurgen, der zum Oberarzt befördert wird und sich nun erstmals mit Personal- und Budgetplanung beschäftigen muss. Infolge der Beförderung leiden Mitarbeitenden unter permanenter Überforderung, da sie versuchen, Fähigkeitsdefizite durch erhöhten Arbeitseinsatz auszugleichen (Koch & Nafziger, 2012). Im Einklang mit dem Peter-Prinzip wäre also anzunehmen, dass Mitarbeitende, die einen besonders großen Karrieresprung machen, anschließend besonders unter Stressfolgen leiden. Genau das zeigt die Untersuchung von Boyce & Oswald (2012): Personen, die erstmals nach ihrer Beförderung die Rolle eines Vorgesetzten ausüben, berichten die größten Beeinträchtigungen ihres Wohlbefindens.

Was können Mitarbeitende tun?

Mitarbeitende sollten sich bewusst machen, dass Beförderungen trotz gewisser Vorteile (Gehaltserhöhung, zunächst höhere Arbeitszufriedenheit u.a.) langfristig das eigene Wohlbefinden trüben können. Aus Mitarbeitersicht kann es daher sinnvoll sein, eine Beförderung auszuschlagen. Ist dies unmöglich oder unerwünscht, sollten Mitarbeitende darauf achten, dass sie durch die Organisation ausreichend Unterstützung erfahren (siehe Kasten) und diese andernfalls aktiv einfordern. Darüber hinaus besteht unter Umständen die Möglichkeit, sich selbstständig weiterzubilden, um für veränderte Aufgaben nach einer Beförderung gewappnet zu sein (vgl. wissens.blitz (119)).
 

Fazit

Sowohl Mitarbeitende als auch Personalverantwortliche sind grundsätzlich gut beraten, wenn sie Alternativen zu einer Beförderung prüfen (siehe auch wissens.blitz (121)). Fällt die Entscheidung zugunsten einer Beförderung, sollten beide Seiten zu einer aktiven Personalentwicklung bereit sein.

Literaturnachweis:

  • Boyce, C. J., & Oswald, A. J. (2012). Do people become healthier after being promoted? Health Economics, 21 (5), 580–596.
  • Collins, D. B., & Holton, E. F. (2004). The effectiveness of managerial leadership development programs: A meta-analysis of studies from 1982 to 2001. Human Resource Development Quarterly, 15(2), 217–248. doi:10.1002/hrdq.1099.
  • Cooper, C. L., & Marshall, J. (1976). Occupational sources of stress: a review of the literature relating to coronary heart disease and mental ill health. Journal of Occupational Psychology, 49(1), 11–28.
  • Johnston, D. W., & Lee, W.-S. (2012). Extra Status and Extra Stress: Are Promotions Good for Us? (No. IZA DP No. 6675). Bonn, Germany: Institute for the Study of Labor. Retrieved from http://papers.ssrn.com/abstract=2101942.
  • Koch, A. K., & Nafziger, J. (2012). Job Assignments under Moral Hazard: The Peter Principle Revisited. Journal of Economics & Management Strategy, 21(4), 1029–1059. doi:10.1111/j.1530-9134.2012.00347.x.
  • Kosteas, V. D. (2011). Job Satisfaction and Promotions. Industrial Relations: A Journal of Economy and Society, 50(1), 174–194.doi:10.1111/j.1468-232X.2010.00630.x Ng,
  • T. W. H., Eby, L. T., Sorensen, K. L., & Feldman, D. C. (2005).
    Predictors of Objective and Subjective Career Success: A Meta-Analysis. Personnel Psychology, 58(2), 367–408.
    doi:10.1111/j.1744-6570.2005.00515.x Peter, L. J., & Hull, R. (1969). The Peter Principle: Why Things Always Go Wrong. New York: William Morrow and Company.
  • Sonntag, K. (2002). Personalentwicklung und Training. Zeitschrift für Personalpsychologie, 1(2), 59–79. doi:10.1026//1617-6391.1.2.59.

Zitieren als: Borchers, M. (2013). Auf der Arbeit überfördert? wissens.blitz (122). https://wissensdialoge.de/ueberfoerdert