In diesem wissens.blitz erfahren Sie, wie Reflexion zum Erfolg von Teams beitragen kann.
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Teamarbeit in Organisationen
Teamarbeit ist heute in vielen Organisationen üblich. Durch die Zusammenarbeit von Personen aus unterschiedlichen Bereichen können verschiedene Kompetenzen kombiniert und gemeinsam eine hohe Leistung erbracht werden. Neben diesem Potential beinhaltet die Teamarbeit auch die Herausforderung, die verschiedenen Vorgehensweisen der Teammitglieder untereinander zu koordinieren. Beispielsweise muss hin und wieder abgestimmt werden, wer über welches Material verfügt bzw. welche Informationen benötigt. Diese Koordination gelingt besonders dann, wenn Teammitglieder regelmäßig über ihre Strategien in der Zusammenarbeit reflektieren.
Reflexion über die Teamarbeit
Reflexion beschreibt einen Prozess, bei dem sich Personen bewusst mit ihren Erfahrungen in der Teamarbeit auseinandersetzen, Alternativen zu ihren Vorgehensweisen überlegen, und Ideen für Verbesserungen entwickeln. Reflexion ist dabei besonders wichtig bei komplexen Aufgaben, die ein hohes Ausmaß an Koordination erfordern. Ein Beispiel dafür stellt ein Team von Kundenberatern dar, die verschiedene Anforderungen und Wünsche der Kunden an Produkte zusammentragen und integrieren. Durch die kritische Auseinandersetzung mit ihren Strategien und Zielen können mögliche Probleme und Unstimmigkeiten im Team früher erkannt werden, das gemeinsame Vorgehen zukünftig entsprechend angepasst und so ein effektiveres Arbeiten ermöglicht werden. Im Zusammenhang von Teams wird hier auch von „Teamreflexivität“ gesprochen. Diese beschreibt das Ausmaß, in dem Teammitglieder regelmäßig über ihre Zusammenarbeit reflektieren und ihr Vorgehen an gegebene Umstände anpassen.
(Miss-)Erfolge als Anlass zur Reflexion
Die psychologische Forschung hat gezeigt, dass Personen besonders dann reflektieren, wenn sie einen konkreten Handlungsbedarf wahrnehmen, z.B. nach negativen Erfahrungen oder Misserfolgen. In solchen Fällen sind sie besonders bestrebt darin, Lösungsmöglichkeiten zu finden. Aber auch die Reflexion über Erfolge kann wünschenswerte Effekte haben, da diese das Selbstvertrauen steigern und den Zusammenhalt des Teams fördern kann. Reflexion findet dabei zumeist mit besonderem Fokus auf diejenigen Aspekte der Arbeit statt, die die Person selbst beeinflussen kann. Einige Studien weisen darauf hin, dass Reflexion besonders förderlich ist, wenn Personen individuell über die Zusammenarbeit reflektieren, anstatt dies (ausschließlich) in Diskussionen im Team zu tun.
Höhere Leistung durch Reflexion
Ergebnisse aus dem organisationalen Kontext zeigen, dass Arbeitsteams, deren Teammitglieder häufiger reflektieren, eine höhere Leistung und Kreativität zeigen. Dieser Effekt wird unter anderem dadurch erklärt, dass sich Personen im Team mit zunehmender Reflexion vermehrt untereinander über ihre Vorgehensweisen austauschen und ihr Verhalten besser aufeinander abstimmen, was wiederum in einer besseren Leistung resultiert.
Reflexion als Teamintervention
Zudem kann Reflexion als Intervention eingesetzt werden. Sie kann z.B. vom Management unterstützt werden, indem dieses zur Reflexion anregt oder auch externe Personen einsetzt, die Teammitglieder bei der individuellen Reflexion gezielt unterstützen. Dabei können Fragen helfen wie „Wie nehme ich/ nehmen wir die gemeinsamen Arbeitsabläufe wahr, wo treten Probleme auf?“, „Wie könnte die Zusammenarbeit noch verbessert werden?“, und „Wie lässt sich dies in Zukunft umsetzen?“. Somit steigert Reflexion die Leistung und kann letztlich auch die Zufriedenheit der Teammitglieder mit ihrer Arbeit fördern. Reflexion beschreibt damit eine für Organisationen und MitarbeiterInnen relativ leicht und vielseitig einsetzbare Methode, bei der die Expertise und Ideen der Teammitglieder zur Verbesserung der Arbeitsabläufe mit genutzt werden.
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Literaturhinweis: Gurtner, A., Tschan, F., Semmer, N. K., & Nägele, C. (2007). Getting groups to develop good strategies: Effects of reflexivity interventions on team process, team performance, and shared mental models. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 102, 127-142.
Zitieren als: Scholl, A. (2011). Durch Reflexion gemeinsam zum Erfolg?! wissens.blitz (7). https://wissensdialoge.de/reflexion-in-teams
Gibt es denn Studien, die verlässliche Zahlen angeben, wie oft bzw intensiv Teams reflektieren? Ich kann mir gut vorstellen – und kenne das aus der eigenen Arbeit, dass eine systematische Reflexion der (nicht) erreichten Ziele und des Teamarbeitsprozesses nach Projektende unter den Tisch fällt. Das Projekt endet in der Regel mit der Erreichung des Projektziels und selten nehmen sich Teams die Zeit, ihr Vorgehen und Erfolge aber auch Misserfolge zu reflektieren.
Und wenn reflektiert wird, kenne ich es, dass man bei der Frage „was lief gut“, „was lief schlecht“ stehen bleibt und vernachlässigt, wie wichtig es ist, gemeinsam sog. lessons learned abzuleiten – also Handlungsimplikationen für ähnliche Situationen in der Zukunft zu definieren und diskutieren.
Das ist eine spannende Frage. Ich kenne dazu bislang nur Studien mit studentischen Teilnhemenden, aus dem Arbeitskontext sind mir dazu keine Studien bekannt. Ich sehe in jedem Fall deinen Punkt, dass Reflexion im Arbeitsalltag häufig Gefahr laufen mag, vernachlässigt zu werden, sei es aus zeitlichen Gründen oder auch weil man möglicherweise nach Abschluss eines Projektes dann doch relativ zufrieden mit dem Endergebnis ist.
Zum einen denke ich wäre da eine Möglichkeit, Reflexion zu unterstützen, indem man als MitarbeiterIn oder Vorgesetzte/r im Team dazu anregt. Gerade beim Abschluss von Projekten und Ähnlichem kann es hilfreich sein, das zeitlich mit dem Erstellen von Abschlussberichten etc. zu kombinieren. Auf der anderen Seite zeigen einige Studien, dass die gemeinsame Reflexion im Team der individuellen Reflexion unterlegen sein kann – d.h. es ist nach den Forschungsergebnissen zwar nützlich, über die Teamarbeit und Möglichkeiten zur Verbesserung dabei zu reflektieren, aber diese Reflexion zieht mehr positive Konsequenzen nach sich (im Sinne von lessons learned und einer besseren Abstimmung der Teammitglieder in ihren Handlungen aufeinander), wenn jedes Teammitglied sich damit auch für sich alleine auseinandersetzt und selbstständig Ideen generiert. Ich denke das hat zudem den Vorteil, dass sich jede/r den passenden Zeitpunkt dazu selbst wählen kann und selbst bestimmen kann, welche Erfahrungen besonders wichtig für ihn/sie sind, um noch einmal genauer darüber zu reflektieren. Das bedeutet natürlich dennoch, dass man sich die Zeit dafür nehmen (können) muss.
Der darauf folgende nächste Schritt wäre aus meiner Sicht, dass diese individuell generierten Ideen und lessons learned auch noch einmal in gemeinsame Gespräche im Team eingebracht und dort diskutiert werden können. Das ist die Idee der „Team Reflexivität“ – je höher die Reflexivität im Team ist, desto regelmäßiger und offener wird über gemeinsame Erfahrungen gesprochen – und die Forschungsergebnisse zu den Effekten auf die nachfolgende Teamleistung legen nahe, dass sich dieser zeitliche Aufwand lohnt.
Das Reflexion häufig unter den Tisch fällt, sieht man mE gut an der Zeitplanung. Wenn für ein neues Projekt die Zeit geplant wird, schauen die wenigsten Personen/Gruppen auf Erfahrungen mit früheren Projekten zurück und lernen aus der damals ebenfalls zu knapp kalkulierten Zeitplanung.
Hmm, und eine Frage dazu: Wer plant bei der Finanzierung eines Projektes schon Zeit ein und gibt freiwillig Gelder aus, die dem konkreten Projekt nicht zu Gute kommen sondern von denen das nächste Projekt profitiert? Für eine externe Firma, mit der ich nur ein Mal zusammen arbeite, würde ich das nicht ausgeben wollen (was habe ich davon, dass sie es das nächste Mal — evtl. bei der direkten Konkurrenz — besser machen?). Und innerhalb einer Organisation wäre ich mir unsicher, in wie weit man solche Gelder direkt auf das Projekt buchen kann oder ob dies nicht durch ein eher allgemeiner gehaltenes Budget gedeckt werden muss. Letztendlich ist es ja die Organisation selbst, die etwas davon hat, dass die Mitarbeiter durch Reflexion aus Erfahrungen lernen und besser werden.
Hmm, gibt es Untersuchungen bezüglich der Häufigkeit von Reflexion nach Projektende in Organisationen mit stark wechselnden Teammitgliedern und Organisationen mit Teams, die sich nicht verändern? Insbesondere wie man den Teammitgliedern etwas mitgeben kann, auch wenn sie das nächste Mal nicht nur einen völlig neuen Auftrag haben, sondern auch ein völlig neues Team?
Ich verstehe die Idee von Reflexion im Zusammenhang mit Teamarbeit vor allem so, dass Reflexion vorwiegend arbeitsbegleitend stattfindet. Das heißt Teammitglieder reflektieren nicht unbedingt (nur) nach Abschluss einer gemeinsamen Aufgabe oder eines Projektes zu einem festgesetzten Zeitpunkt, sondern vor allem während sie gemeinsam Aufgaben bearbeiten, um die Zusammenarbeit dabei fortwährend zu verbessern. Nach den Forschungsergebnissen dazu sollte der vergleichsweise geringe zeitliche Aufwand von Reflexion durch die Verbesserungen, die sich daraus ergeben (wie z.B. eine Verringerung von Missverständnissen oder Koordinationsproblemen, die gleichfalls Zeit kosten und Unzufriedenheit im Team hervorrufen können), ausgeglichen werden.
Natürlich ist es ebenso möglich, dass Teams nach Abschluss eines Projektes gemeinsam zusammen tragen, was in der Zusammenarbeit gut gelaufen ist und wo sie Verbesserungspotential sehen. Das kommt, wie du sagtest, sicher der eigenen Organisation zugute, sofern die sich daraus ergebenden Ideen umgesetzt werden; es kann aber ebenso im Interesse von externen Auftraggebern oder Kooperationspartnern sein, die häufiger mit der Organisation zusammen arbeiten und demnach an einer Verbesserung der Prozesse mit interessiert sind. Inwiefern dafür zum Abschluss von Projekten eine finanzielle Förderung vorgesehen ist, ist sicher verschieden, da stimme ich dir zu.
Bleibt die Frage, wie sich Reflexion unterstützen lässt, die m.E. auch durch die bisherige Forschung nur teilweise beantwortet wird. Das Thema würde sich demnach vielleicht für unseren nächsten Blitz zu Reflexion anbieten :).