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Auf die Kommunikation kommt es an! Innovation durch „Presencing“

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Eines der neuesten Konzepte zum Thema organisationales Lernen ist Otto Scharmer’s „Theorie U“, eine theoretisch fundierte „soziale Technik“ zum schöpferischen Handeln in Veränderungsprozessen.

Der Schlüssel zu wahrer Innovation ist nach der Theorie U Presencing, eine Wortschöpfung aus den englischen Worten sensing (Deutsch: Fühlen, Erspüren) und presence (Deutsch: Anwesenheit, Auftreten). Presencing als Kommunikationsform lässt sich von drei anderen Kommunikationsformen abgrenzen, nämlich Downloading, Debatte und Dialog.

Die Theorie U richtet sich vor allem an Führungskräfte und regt diese an, „von der Zukunft her“ zu führen, um Visionen zu entwickeln und Innovationen umzusetzen. Eine Metapher verdeutlicht, was damit gemeint ist: Ein Maler hat in der Regel das fertige Kunstwerk „vor Augen“, noch bevor er beginnt, seine Farben mit dem Pinsel auf die Leinwand aufzutragen: Er sieht das fertige Werk bereits vor sich und antizipiert damit die Zukunft. Das gleiche, so Scharmer, lässt sich auf Führung anwenden: Führungskräfte müssten die Fähigkeit entwickeln, im Entstehen begriffene Zukunftsmöglichkeiten zu „erspüren“, Ansätze dieser Zukunftsvisionen im Hier und Jetzt zu erkennen und dann Tätigkeiten anzuleiten, die zur Umsetzung der Innovationen beitragen.

Presencing als Grundlage für Innovation

Der Schlüssel zu wahrer Innovation ist nach der Theorie U Presencing, eine Wortschöpfung aus den englischen Worten sensing (Deutsch: Fühlen, Erspüren) und presence (Deutsch: Anwesenheit, Auftreten). Presencing als Kommunikationsform lässt sich von drei anderen Kommunikationsformen abgrenzen, nämlich Downloading, Debatte und Dialog.

 

Beim Downloading werden Inhalte aus routinemäßig aus unserem Gedächtnis abgerufen. Dinge werden nicht kritisch angesprochen, um sich nicht zu sehr zu offenbaren, nicht anzuecken oder den eigenen sozialen Status zu gefährden. Downloading liefert daher keine neuen Erkenntnisse und Ideen. In der Debatte, der zweiten Kommunikationsform, sagen die Personen, was sie denken, hinterfragen sich allerdings selbst nicht. Bei dieser Art der Kommunikation geht es eher darum, Recht zu behalten, als um die eigentlichen Inhalte.

Im Dialog, der dritten Kommunikationsform, werden eigene Standpunkte hinterfragt und Standpunkte von anderen erkundet. Es wird versucht, Dinge mit den Augen anderer und aus deren Perspektive zu sehen. Dadurch kann reflexives Lernen stattfinden und neues Wissen kann entwickelt werden.

Erst in der Kommunikationsform des Presencing entsteht laut Theorie U wahre Innovation: Die KommunikationsteilnehmerInnen offenbaren sich ohne Angst vor Statusverlust oder versteckte „Agenda“, verfolgen kollektive Ziele und lassen sich auf die anderen ein, sodass kollektive Kreativität stattfinden kann. Um Presencing möglich zu machen, müssen einige Rahmenbedingungen erfüllt sein.

Rahmenbedingungen, die Presencing und schöpferische Veränderung ermöglichen:

  • Entspannte Atmosphäre, die ein „Innehalten“ ermöglicht
  • Gefühl der Gemeinschaft, gemeinsame Zielerreichung steht im Vordergrund
  • Bereitschaft, eigene Ansichten, Ideen und Gefühle anderen zur Verfügung zu stellen
  • Bereitschaft, sich von eigenen eingefahrenen Denkmustern zu lösen („Öffnen des Denkens“)
  • Interesse, Neugierde an den Sichtweisen anderer
  • Fragen stellen, neugieriges Hinterfragen, Verstehen wollen, statt „überzeugen“
  • Freude daran, gemeinsam mit anderen Neues zu entwickeln („Flow“)

Fazit

Laut Theorie U entsteht Innovation durch den Austausch von Ideen und die Bereitschaft, sich für andere Sichtweisen zu öffnen. Ein Klima das von internem Wettbewerb, Misstrauen und Statusdenken geprägt ist, verhindert das „schöpferische Fließen“ und die Entwicklung von neuen Ideen.

 

Literaturnachweis: Scharmer, C. O. (2009): Theorie U. Von der Zukunft her führen. Heidelberg: Carl-Auer- Systeme.

Zitieren als: Kump, B. (2013). Auf die Kommunikation kommt es an! Innovation durch „Presencing“. wissens.blitz (118). https://wissensdialoge.de/Presencing