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Positive Leadership – Sozialromantik oder fundierter Führungsstil?

Mit Positive Leadership hat ein Führungsansatz, der auf Stärkenorientierung setzt, in den letzten Jahren einen Hype erlebt. Was steckt dahinter? Was bedeutet er in der Praxis und vor allem: Wie wirkt er?

Mit Positive Leadership hat ein Führungsansatz, der auf Stärkenorientierung setzt, in den letzten Jahren einen Hype erlebt. Was steckt dahinter? Was bedeutet er in der Praxis und vor allem: Wie wirkt er?

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Positive Psychologie als Ausgangspunkt

Martin Seligman, einer der weltweit renommiertesten Universitätsprofessoren, wurde im Jahr 1998 zum Präsidenten der American Psychological Association gewählt. In seiner Antrittsrede kritisierte er, dass die akademische Psychologie sich beinahe ausschließlich mit dem Leiden von Menschen beschäftigt. Er rief dazu auf, das Gelingen, Stärken, Lebenszufriedenheit, überdurchschnittliche Leistungen, Resilienz, usw. ebenfalls wissenschaftlich fundiert zu beforschen. Damit war die Positive Psychologie geboren. Ausgehend von Seligmans Initiative hat sich dieser Ansatz heute auf viele angrenzende Bereiche wie Pädagogik, Medizin, Wirtschaft ausgebreitet. Der Fokus ist dabei immer derselbe: Das Gelingen erforschen.

Stärkenorientierung – keine neue Idee

„Ein Mitarbeiter sollte niemals mit einer Führungsaufgabe betraut werden, wenn er sich mit den Kompetenzdefiziten seiner Leute abplagt, statt deren Stärken zu nutzen.“ Der Satz eines weltfremden Sozialromantikers? Weit gefehlt. Tatsächlich stammt die Aussage von Peter Drucker (1909-2005), einem der bekanntesten US-amerikanischen Ökonomen mit österreichischen Wurzeln. Er gilt als Pionier der modernen Managementlehre. Konkrete Konzepte für diesen Führungsansatz entstanden allerdings erst nach der Gründung der Positiven Psychologie. So stellte z.B. Kim Cameron mit Positive Organizational Scholarship ein Modell für die Entwicklung einer positiven Organisationskultur vor (siehe auch wissens.blitz 103). In weiterer Folge entwickelte Fred Luthans das Konzept des Psychologischen Kapitals, das sich durch Eigenschaften wie Optimismus oder Resilienz auszeichnet und einen nachweislichen Zusammenhang mit positiven Verhaltensweisen und Leistungen bei Mitarbeitern hat. Es wurden noch weitere Definitionen entwickelt, die zwar Anknüpfungspunkte an die Positive Psychologie hatten, aber auf keinem grundlegenden Modell dieser psychologischen Richtung aufbauten.

PERMA: Der Weg zur Potentialentfaltung

Mehr als 10 Jahre nach Gründung der Positiven Psychologie stellte Martin Seligman, ausgehend von den zahlreichen Ergebnissen der Forschung in diesem Bereich, mit PERMA ein Rahmenmodell vor, dass die Bedingungen definiert, die Menschen brauchen um ihre Stärken zu entfalten (bzw. aufzublühen, wie Seligman es nennt).

Die fünf Buchstaben PERMA sind als Akronym zu verstehen und beschreiben die Voraussetzungen, die es braucht, damit Menschen ihre Stärken entfalten. Dieses Modell erleichtert die Systematisierung von praktischen Anwendungen und einer Vergleichbarkeit der Forschung zur Positiven Psychologie in unterschiedlichen Fachgebieten – so auch im Bereich der Führungsforschung.

PERMA-Lead: Praktische Umsetzung

Die PERMA-Struktur wurde auf verschiedene Bereiche übertragen, fundierte Testinstrumente dazu entwickelt, Interventionen für die Praxis definiert und wissenschaftlich überprüft (siehe auch wissens.blitz 126). Für Positive Leadership ergeben sich daraus fünf Grundsätze:

Die 5 Grundsätze von Positive Leadership:

(P) Positive Emotionen ermöglichen

(E) Individuelles Engagement fördern

(R) Tragfähige Beziehungen gestalten

(M) Sinn in der Arbeit vermitteln

(A) Erreichtes sichtbar machen

Mittlerweile steht eine große Anzahl von Anregungen für Führungsverhalten in diesen 5 Bereichen zur Verfügung. Konkrete Umsetzungen können sein, dass in jedem Meeting auch Zeit dafür eingeplant wird, gelungene und abgeschlossene Arbeitsprojekte zu würdigen, Projekte stärkenorientiert aufgeteilt oder gemeinsame Unternehmungen finanziert werden und vieles mehr. Zahlreiche Unter-nehmen, darunter Lidl, IKEA, SOS-Kinderdorf, DM, und andere, setzen Positive Leadership bereits in ihren Organisationen erfolgreich um. Die Forschungsergebnisse dazu zeigen z.B., dass dieser Führungsstil die Kranken-stände und die Stressbelastung reduziert sowie zu einer Leistungssteigerung führt.  Außerdem sind Mitarbeiten-den, die positiv geführt werden weniger Burnout-gefährdet.

Fazit:

Positive Leadership ist ein Führungsstil, dessen positive Auswirkungen auf MitarbeiterInnen, Führungskräfte und den Unternehmenserfolg wissenschaftlich bestätigt werden konnten.

Literaturnachweis: Seligman, M. E. (2012). Flourish: A visionary new understanding of happiness and well-being. Simon and Schuster. Ebner, M. (2019). Positive Leadership. Erfolgreich führen mit PERMA-Lead: die fünf Schlüssel zur High Performance. Facultas Verlag.

Zitieren als: Ebner, M. (2019). Positive Leadership – Sozialromantik oder fundierter Führungsstil? wissens.blitz (196). https://wissensdialoge.de/positive-leadership