Aus unterschiedlichen Bereichen unseres Lebens bringen wir vielfältiges Wissen mit. Damit dieses Wissen aber auch in anderen Bereichen nutzbar ist und Innovation auslöst, braucht es bestimmte Rahmenbedingungen.
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Mitarbeitende sind facettenreich
Wir alle haben in unserem Leben bestimmte unterschiedliche Rollen und Gruppenmitgliedschaften, wie z.B. unsere Berufsausbildung, unser Geschlecht, oder unsere Kultur. All das ist Teil unserer Identität und macht unterschiedliche Facetten unseres Selbstbilds aus. So ist für einen Ingenieur möglicherweise nicht nur seine berufliche Identität als Facette seines Selbstbildes zentral, sondern auch seine kulturelle Herkunft oder seine parallel ausgeübte Stellung aus Lehrer an einer Hochschule ein wichtiger Teil seines Selbstbildes. Diese Facetten erlauben uns, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen und Stärken ausspielen. Im besten Fall gelingt es uns, wenn man die Stärken aus Bereich A auch in Bereich B einsetzen kann. Häufig wählen Führungskräfte gezielt Mitarbeitende aus, die neben der direkten beruflichen Qualifikation für die ausgewählte Stelle noch weitere Facetten mitbringen: auf diese Weise wird die Expertise aus anderen Bereichen auch im Arbeitsumfeld nutzbar. Wenn Menschen eine größere Vielfalt von Wissen aus verschiedenen Bereichen mitbringen kann das die Innovation und Leistung des gesamten Teams anschieben. Häufig bleibt aber die Kreativität, die durch facettenreiche Mitarbeitende ins Team getragen wird, deutlich hinter dem Potential. Woran liegt das?
Wissen ist an Kontexte gebunden
Unser Wissen ist für uns nicht immer und überall verfügbar, sondern an Kontexte gebunden. Der Kontext bestimmt oft die Art und Weise, wie wir uns gerade selbst sehen und definieren. Wenn der Ingenieur sich z.B. bei der Arbeit vor allem als Vertreter seines Berufs fühlt, dann kann es sein, dass das Wissen, dass er durch andere Facetten seiner Person besitzt, für den Moment ausgeblendet wird. So könnte er die Expertise aus seiner Lehrtätigkeit nicht ins Team einfließen lassen. In Arbeitsumfeldern, in denen Kreativität entscheidend sind, ist das natürlich wenig wünschenswert.
Vereinbarkeit von Identitäten
Unter bestimmten Umständen gelingt es aber, Wissen aus unterschiedlichen Bereichen zur gleichen Zeit zugänglich zu machen. Dadurch wird es möglich, gleichzeitig auf den Wissensfundus aus diesen Bereichen zuzugreifen und ihn kreativ zu nutzen. Wenn Menschen ihre unterschiedlichen Identitäten als vereinbar erleben, haben sie zeitgleich Zugriff auf unterschiedliche Wissensbereiche. Eine gute Vereinbarkeit bedeutet erstens, dass man seine unterschiedlichen Identitäten nicht voneinander getrennt hält: der Ingenieur würde sich z.B. nicht bei der Arbeit nur als Ingenieur, an der Hochschule nur als Wissenschaftler betrachten, sondern in verschiedenen Kontexten beide Identitäten als wichtige Facetten seiner Person ansehen. Zweitens bedeutet Vereinbarkeit, dass wenig Widersprüche zwischen Identitäten erlebt werden. Erwartungen oder Normen aus den unterschiedlichen Bereichen des Lebens unterscheiden sich nur wenig. Bei einer guten Vereinbarkeit der Identitäten wird das Wissen beider Bereiche kreativ bei Aufgaben genutzt, so dass die Lösung der Aufgaben innovativer sind. So zeigen Studien, dass z.B. weibliche Ingenieure innovativere Produkte für Kundinnen entwickeln, wenn sie ihre Berufsidentität und und ihre Geschlechtsidentität als vereinbar erleben. Ist das nicht der Fall, dann wird nur das Wissen aus einem Bereich genutzt und die Leistung bleibt hinter ihrem Kreativitätspotential. Führungskräfte, die die Kreativität ihres Teams steigern wollen, sollten also nicht nur Fachkräfte mit vielen Facetten einstellen, sondern auch Rahmenbedingungen fördern, die eine gleichzeitige Nutzung von Wissen aus unterschiedlichen Bereichen zulassen.
Gute Rahmenbedingungen für die Nutzbarkeit von Wissen aus unterschiedlichen Bereichen:
- Zeigen Sie Wertschätzung für die Identitäten, die Mitarbeitenden mitbringen. Ermöglichen Sie dadurch, dass Mitarbeitende sich gleichzeitig als Teammitglied und als Teil der Gruppe verstehen, aus der sie neues Wissen einbringen können.
- Verlangen Sie von neuen Mitarbeitenden nicht, ihre weiteren Gruppenzugehörigkeiten zu verleugnen. Machen Sie klar, dass Loyalität zum Team gut mit den bestehenden Identitäten vereinbar ist.
- Unterbinden Sie jegliche Art der Abwertung oder Diskriminierung von Vielfalt.
- Versuchen Sie, Widersprüche zwischen Identitäten bei Mitarbeitenden zu minimieren, indem Sie praktische Freiräume erweitern und den Fokus auf die Gemeinsamkeiten der Identitäten lenken.
Literaturnachweis:Cheng, C.-Y, Sanchez-Burks, J., & Lee, F. (2008). Connecting the dots within. Creative perfor-mance and identity integration. Psychological Science, 19: 1178-1184.ournal of Personality and Social Psychology, 58, 812-822.
Zitieren als:
Matschke, C. (2018).Vereinbarkeit von Identitäten fördert Kreativität. wissens.blitz (190). https://wissensdialoge.de/identitätkreativität