Wie arbeiten wir in der Zukunft? Arbeiten wir Montag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr im Büro für genau einen Arbeitgeber – oder wandelt sich die Welt hin zu neuen, flexibleren Arbeitsmodellen?
Zunehmend lässt sich beobachten, wie flexibles Arbeiten Einzug in aktuelle Arbeitsarrangements findet: Es gibt beispielsweise Gleitzeit-Modelle, Homeoffice-Vereinbarungen, Projekte mit externen Mitarbeitenden – die Liste an aktuellen Arbeitsarrangements ist lang und diese lassen sich teilweise beliebig kombinieren. Manche Vereinbarungen sind im gesamten Unternehmen eingeführt worden, manche gelten nur für bestimmte Projekte und wieder andere nur für einzelne Mitarbeitende.
Da Mitarbeitende zunehmend flexible Arbeitsarrangements verlangen, ist deren bewusste Gestaltung wichtig, um wertvolle Mitarbeitende zu finden, einzustellen und im Unternehmen zu halten.
Die Flexibilität von Arbeitsarrangements hat drei Dimensionen: Wann? Wo? Für wen?
Nach Spreitzer und Kollegen (2017) hat die Flexibilität von Arbeitsarrangements drei Dimensionen: Die Flexibilität 1) wann, 2) wo und 3) für wen man arbeitet. Dabei bedeutet Flexibilität, dass Mitarbeitende selbst die Kontrolle darüber haben zu entscheiden, wann, wo und für wen sie arbeiten. Diese Kontrolle lässt sich durch das psychologische Konstrukt der Autonomie beschreiben: Das Bedürfnis nach Autonomie ist nach der Selbstbestimmungstheorie eines der drei Grundbedürfnisse (neben den Bedürfnissen nach Kompetenz und Verbundenheit). Wenn diese Grundbedürfnisse befriedigt werden, sind Menschen motivierter, ein bestimmtes Verhalten (z. B. die Erledigung von Arbeitsaufgaben) aus dem eigenen Interesse und Vergnügen heraus zu zeigen.
Flexibilität hat viele positive Effekte
Über viele Studien hinweg hat sich gezeigt, dass flexible Arbeitsarrangements vielfältige positive Effekte haben: Positive Effekte für die Organisation sind beispielsweise, dass Mitarbeitende eine höhere Leistung und Produktivität zeigen, sich verbundener mit der Organisation fühlen und seltener kündigen möchten. Positive Effekte für die Mitarbeitenden sind beispielsweise, dass sie weniger Stress, ein erhöhtes Wohlbefinden und weniger Konflikte in der Vereinbarkeit von Arbeit und Familie haben.
Ein bewusster Einsatz von flexiblen Arbeitsarrangements ist dennoch wichtig
Der positive Einfluss von Flexibilität hängt jedoch von der Einzelperson und vom Kontext ab: Flexibilität bringt die Herausforderung mit sich, sich selbst zu organisieren und zu koordinieren. Dies kann als anstrengend wahrgenommen werden, weshalb manche Mitarbeitende die Routine bevorzugen und kaum Gebrauch von der möglichen Flexibilität machen. Andere Mitarbeitende hingegen nutzen gerne die Möglichkeit, den Arbeitsalltag und ihre aktuelle Lebenslage aneinander anzupassen. Deshalb ist es wichtig, die Arbeitsarrangements unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse zu gestalten.
Eine entscheidende Frage ist, wie Führungskräfte und KollegInnen Mitarbeitende wahrnehmen, die flexible Arbeitsarrangements nutzen, also beispielsweise häufig von zuhause aus arbeiten. Obwohl flexibles Arbeiten in manchen Organisationen offiziell erlaubt ist, werden Mitarbeitende, die das Angebot der Flexibilität nutzen, unabhängig von ihrer Leistung als weniger motiviert und engagiert wahrgenommen. Diese Mitarbeitende werden seltener befördert und schlechter bezahlt. In solchen Organisationen wird den Mitarbeitenden schnell und schmerzlich klar, dass Flexibilität zwar offiziell erlaubt ist, aber inoffiziell abgestraft wird. Deshalb ist es wichtig, die Akzeptanz von flexiblen Arbeitsarrangements zu fördern.
Wie Sie flexible Arbeitsarrangements implementieren können
Wie können Sie Ihren Mitarbeitenden flexibles Arbeiten ermöglichen?
1) Entwickeln Sie Strukturen und Prozesse, damit Mitarbeitende zeitlich und örtlich flexibel arbeiten können
Die Konzeption eines Flexibilitätsmodells ist stark abhängig von der Art der Tätigkeit. Während die Wartung an einer Maschine den Arbeitsort vorgibt, kann eine Präsentation am Laptop überall erledigt werden. Am besten gelingt die Implementierung, wenn Sie das Konzept gemeinsam mit Ihren Mitarbeitenden erarbeiten. Sie können zunächst mit der Implementierung von Gleitzeit oder einzelnen Homeoffice-Tagen beginnen und mit wachsender Erfahrung die Flexibilität weiter steigern.
2) Kommunizieren Sie das Angebot, zeitlich und örtlich flexibel zu arbeiten
Damit Ihre Mitarbeitenden flexibel arbeiten können, müssen sie wissen, dass sie diese Möglichkeit haben und wie sie diese nutzen können. Kündigen Sie das Flexibilitätsmodell offiziell an und halten Sie das Konzept schriftlich zum Nachlesen fest.
3) Schaffen Sie eine Kultur der Flexibilität, die auch Sie leben
Damit Ihre Mitarbeitenden das Angebot auch nutzen, sind Vorbilder wichtig. Wenn auch Führungskräfte flexibel arbeiten, gehen sie damit mit gutem Beispiel voran und zeigen, dass es in Ordnung ist, flexibel zu arbeiten. Achten Sie bei der Beurteilung Ihrer Mitarbeitenden darauf, dass Sie nicht deren Anwesenheit und ständige Erreichbarkeit, sondern deren Leistung bewerten.
Literaturnachweis:
Spreitzer, G. M., Cameron, L., & Garrett, L. (2017). Alternative work arrangements: Two images of the new world of work. Annual Review of Organizational Psychology and Organizational Behavior, 4(1), 473-499.
Bolino, M. C., Kelemen, T. K., & Matthews, S. H. (2020). Working 9‐to‐5? A review of research on nonstandard work schedules. Journal of Organizational Behavior. Advance online publication.
Gajendran, R. S., & Harrison, D. A. (2007). The good, the bad, and the unknown about telecommuting: Meta-analysis of psychological mediators and individual consequences. Journal of Applied Psychology, 92(6), 1524-1541.
Zum Gastautor:
Heinrich J. F. F. Dröge hat einen Bachelor in Psychologie und forscht aktuell zur Flexibilität in modernen Arbeitsarrangements im Rahmen seiner Studiengänge in Wirtschafts-, Organisations- und Sozialpsychologie an der Ludwigs-Maximilians-Universität München und Technologie- und Managementorientierter Betriebswirtschaftslehre an der Technischen Universität München.