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Diversity kann die Innovation und Entscheidungsqualität in einem Team fördern, aber auch das Zusammengehörigkeitsgefühl im Team stören. Führungskräfte sollten wissen, wann Vielfalt im Team angebracht ist und welche Rahmenbedingungen nötig sind.
Vielfalt der Perspektiven
Diversity ist längst zu einem Schlagwort in Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen geworden. Dabei bedeutet Diversity erst mal nichts anderes, als dass es Vielfalt innerhalb eines Teams oder eine Organisation gibt. Diese Vielfalt kann sich auf Informationen und Perspektiven zu einer gemeinsamen Aufgabe beziehen, die z.B. durch unterschiedliche fachliche Hintergründe zustande kommt. Diversity kann genauso Vielfalt hinsichtlich sozialer Gruppen bedeuten, d.h. dass ein Team z.B. Mitglieder unterschiedlichen Geschlechts oder mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen vereint. Während Diversity aus der Ferne betrachtet interessant erscheint, stöhnen viele innerlich auf bei der Vorstellung, Aufgaben in einem Team unterschiedlichster Mitglieder lösen zu müssen. Was bringt Diversity? Und warum sträuben wir uns manchmal so dagegen?
Auseinandersetzung mit den Inhalten
Unterschiedliche Perspektiven und Informationen führen dazu, dass man sich mit den Inhalten einer Aufgabe intensiver auseinander setzt. Informationen werden aufmerksamer betrachtet, reflektierter bewertet und ganzheitlicher einbezogen (siehe Wissensblitze 16, 48). Routinen werden stärker hinterfragt und der Gruppendruck hat weniger Einfluss auf die individuelle Wahrnehmung. Insgesamt profitiert die Innovation und Kreativität sowie die Entscheidungsqualität in Team durch Diversity. Dabei ist es nicht wichtig, ob die Diversity durch aufgabenbezogene Merkmale (wie z.B. unterschiedliche Bildungshintergründe) oder soziale Merkmale (wie z.B. Geschlecht) zustande kommt: Denk- und Diskussionsprozesse werden durch beide Arten der Diversity angeregt. Das kommt der Leistung des gesamten Teams zugute.
Die Zusammengehörigkeit wird gestört
Diversity kann aber die Zusammengehörigkeit im Team stören. Generell findet man Menschen, die einem in vielen Eigenschaften ähneln, sympathischer als solche, die sich stark von einem selbst unterscheiden. Teams, die aus ähnlichen Mitgliedern bestehen, zeigen ein stärkeres Zusammengehörigkeitsgefühl, was dazu führt, dass sich Teammitglieder stärker füreinander einsetzen und sich gegenseitig helfen. Sie treten besser für gemeinsame Werte und Ziele ein und setzen Routinen leichter um. Insgesamt führt ein hohes Zusammengehörigkeitsgefühl bei guter Arbeitsmoral im Team zu besserer Leistung. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl kann aber gehörig gestört werden durch Menschen, die andere Werte, Informationen und Perspektiven mitbringen und bewährte Abläufe hinterfragen.
Vorteile nutzen, Gefahren umgehen
Wie kann man sich als Teammitglied oder Führungskraft nun die Vorteile von Diversity zu Nutze machen, ohne das Zusammengehörigkeitsgefühl des Teams durcheinander zu bringen? Zum Einen sollte man Diversity nur für Aufgaben einsetzen, die von tieferen Denk- und Diskussionsprozessen profitieren, und nicht für Routineaufgaben. Natürlich sollten die Teammitglieder fähig und motiviert sein, die Aufgabe zu lösen. Eine Gefahr für das Zusammengehörigkeitsgefühl wäre es, wenn das Team in festgefahrene Subgruppen zerfällt oder die Mitglieder in Schubladendenken verfallen. Achten Sie deshalb als Führungskraft und Teammitglied darauf, dass sich die Mitglieder als Individuen wahrnehmen.
Diversity steigert Teamleistung:
- bei komplexen Aufgaben
- bei fähigen, motivierten Teams
- wenn das Team nicht in Subgruppen zerfällt
- wenn die besondere Perspektive jedes Teammitglieds wertgeschätzt wird
- wenn die Teammitglieder von vornherein erwarten, dass es Unterschiede im Team gibt
- Wenn ein Zugehörigkeitsgefühl durch eine gemeinsame Wertschätzung der Unterschiedlichkeit und einen Teamgeist des hinterfragenden Denkens und der kontroversen Diskussion entsteht.
Vermeiden Sie z.B. blockartige Sitzordnungen (z.B. Männer und Frauen getrennt), unnötige stereotype Äußerungen (z.B. „Wir Deutschen sind ja gut organisiert“), holzschnittartige Interpretationen von Beiträgen (z.B. „Sie als Moslem finden natürlich, dass…“) und vorurteilsbehaftete Witze. Erlauben Sie auch nicht, dass im Team einander das Recht auf eine spezielle Perspektive und eine starke Bindung an die eigene Gruppe (z.B. Religion) abgesprochen wird.
Stattdessen sollte das Zusammengehörigkeitsgefühl über die Diversity gestärkt werden. Sorgen Sie dafür, dass das Team Unterschiedlichkeit erwartet. Führungskräfte sollten selbst immer eine wertschätzende Haltung zur Vielfalt zeigen. Wenn es gelingt, dass sich hinterfragendes Denken und kontroverses Diskutieren zur Gruppennorm entwickelt, findet das Team in dieser Gemeinsamkeit ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl.
Literaturnachweis: Van Knippenberg, D., De Dreu, C. K. W., & Hohman, A. C. (2004). Work group diversity and group performance: an integrative model and research agenda. Journal of Applied Psychology, 89, 1008-1022.
Zitieren als: Matschke, C. (2012). „Diversity gezielt einsetzen und gestalten“ wissens.blitz (93). https://wissensdialoge.de/diversity