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Wikileaks vs. Wissensmanagement

Wikileaks ist gefährlich. Aber das wussten Sie vermutlich schon. Warum aber ist deshalb der Schatzmeister von Wikimedia Deutschland e.V. zurückgetreten? Begründung: Einige seiner Kunden (nicht die von Wikimedia, sondern die seines Arbeitsgebers) vermuteten, Wikileaks hätte was mit Wikipedia zu tun. Und das ist nun mal nicht unbedingt vertrauenserweckend, schon gar nicht im Bereich PR, Kommunikation, Consulting. Wer für die USA arbeitet und die Seite wikileaks aufruft, der ist seinen Job vermutlich bald los. Weiter geht’s mit Daten von Steuersündern, die finden sich auch bald auf wikileaks.

Wikileaks zeigt die Kehrseite von erfolgreichem Wissensmanagement auf. Wissen ist nicht mehr „nur“ in den Köpfen der MitarbeiterInnen vorhanden und wird im direkten Austausch weitergegeben. Es wird digitalisiert, verschlagwortet und auf Ewigkeit in irgendwelchen Systemen verwaltet. Damit genügt ein Klick, um alle Informationen zu finden, die über all die Westerwelles und Merkels, ihren Charakter und ihre Ziele in digitaler Form in ursprünglich geheimen Depeschen gespeichert sind.

Wer Wissen managt, wird angreifbar. Egal, ob es die gut gepflegten Kundendaten sind, die ein Mitarbeiter mit zu seinem neuen Arbeitgeber nimmt, oder die Patente und Baupläne, die auf einmal bei der Konkurrenz in Fernost auftauchen. Und wer die Idee Wikimanagement beherzt umsetzt, für den heißt Wissensmanagment 2.0 eben auch: Idealerweise hat jeder Zugang zu allen Informationen.

Wissensmanagement mit Wikis ist gefährlich: Wenn jeder alles weiß, kann es auch vorkommen, dass jemand mehr weiß, als er wissen sollte.

Und nun?

Lösungsvorschlag 1: Kein Wissensmanagement mehr. Schaffen Sie alle geteilten Datenbanken, Wikisysteme, SharePoints und 2.o-Lösungen ab. Das einzige was Sie brauchen: Ein gutes “Gelbe-Seiten-System”. Wer was wissen will, muss deenjenigen fragen, der es weiß. Idee dahinter: Wissen ohne Menschen ist ohnehin wertlose Information.

Lösungsvorschlag 2: Wer petzt, fliegt raus. Installieren Sie zusätzlich zu allen Wissensmanagmentsystemen, die Sie ohnehin schon verwenden, ein Trackingsystem. Dieses System verfolgt, wer wann welche Information bereitstellt und wer sie abruft. Falls eine Information Schaden anrichtet, ist der verantwortlich, der sie im System bereitgestellt hat. Idee dahinter: Der Autor einer Information weiß am besten, wie brisant diese Information ist und übernimmt die “Verantwortung” für diese Information.

Lösungsvorschlag 3: Regelmäßig Geldgeschenke. Wer motivierte Mitarbeiter hat, braucht sich nicht zu fürchten. Solche Mitarbeiter fühlen sich gebunden an das Unternehmen und die Organisation, und würden nie vertrauliche Informationen nach außen geben. Idee dahinter: Erfolgreiches Wissensmanagement ist abhängig von der Unternehmenskultur.

Was klar ist: Meine Lösungsvorschläge sind nicht zur Nachmachung empfohlen, verdeutlichen aber 3 Prinzipien, die ich für erfolgreiches Wissensmanagement für sehr wichtig halte.

1.) Gemanagt wird nicht Wissen, sondern Menschen, die Wissen brauchen, um Problem und Aufgaben zu lösen. Die Dokumentation von Informationen, “die keiner braucht” oder die besser direkt weitergegeben werden, ist überflüssig.

2.) Wissensmanagement braucht individuelle Verantwortlichkeit. Der Einzelne sollte die Information, die er bereitstellt “verantworten”, also entscheiden, wer Zugang dazu hat, wann die Information gelöscht wird, oder ob sie überhaupt (mit-)teilenswert ist.

3.) Wissensmanagement ist eingebettet in die Unternehmenkultur. Nicht nur die Frage nach der Technik, der Einbettung in Arbeitsabläufe und organisationale Hierarchien ist relevant.

Fazit: Alle technischen Versuche das Problem Wikileaks vs. Wissensmangement zu lösen werden scheitern. Ein Grund, warum die Autoren auf wissensdialoge.de PsychologInnen sind.

Bildnachweis: Cate Frost | Dreamstime.com