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Wissensarbeiter motivieren – Warum Belohnung schädlich sein kann

Häufig werden Belohnungssysteme eingesetzt, um Mitarbeitende dazu zu bewegen, ihr Wissen mit anderen zu teilen. Das hat jedoch nicht immer die gewünschten positiven Auswirkungen auf die Weitergabe von Informationen.

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In vielen Organisationen gilt „Wissen ist Macht“. So überrascht es nicht, dass Mitarbeitende ihr Wissen häufig lieber für sich behalten. Um diesem Problem zu begegnen, scheint es nahe­liegend, gewünschtes Verhalten – also das Teilen von Wissen – zu belohnen. Aber diese Strategie ist mit Vorsicht zu genießen.

Intrinsische und extrinsische Motivation

Grundsätzlich werden zwei Arten der Motivation unter­schieden: intrinsische und extrinsische Motivation (Deci & Ryan, 1993). Intrinsische Motivation liegt vor, wenn eine Person eine Aufgabe um ihrer selbst willen tut bzw. weil damit eine unmittelbare Bedürfnis­befriedigung verbunden ist. Wenn eine Person intrinsisch motiviert ist, ihr Wissen zu teilen, dann befriedigt das Weiter­geben von Informationen ihr eigenes Interesse, stellt eine Herausforderung dar, oder bereitet ihr schlichtweg Freude.

Bei der extrinsischen Motivation liegt der Beweggrund außerhalb der eigentlichen Handlung. Sie basiert auf materiellen Anreizen (z.B. Boni, Incentives) oder auch der Vermeidung von Bestrafung. Aber auch Anerken­nung, Lob und Reputation sind extrinsische Motiva­toren, da sie als erstrebenswert gelten und damit als Belohnung fungieren. Eine extrinsisch motivierte Person gibt ihr Wissen weiter, weil sie sich davon einen be­stimmten Vorteil durch andere verspricht (z.B. einen finanziellen Bonus oder ein Lob vom Vorgesetzten).

Der Verdrängungseffekt

Ursprünglich nahm man an, dass intrinsische und extrinsische Anreize voneinander unabhängig sind und sich sinnvoll ergänzen können. Demnach könnte man einen Mitarbeitenden z.B. intrinsisch mit einem besonders interessanten Projekt und gleichzeitig extrinsisch mit der Aussicht auf einen Bonus bei erfolgreichem Projekt­abschluss motivieren. Zahlreiche Studien haben jedoch gezeigt, dass die intrinsische Motivation unter bestimmten Bedingungen verdrängt wird durch die Bereitstellung extrinsischer Motivatoren (Deci, Koestner & Ryan, 1999). Dieser Verdrängungseffekt zeigt sich insb. bei materiellen Anreizen wie Geld. Immaterielle extrinsische Anreize, wie das Lob eines Vorgesetzten oder Anerkennung im eigenen Team, können hingegen die intrinsische Motivation steigern. Wenn man also einen Mitarbeitenden, der ursprünglich Spaß daran hatte, seine Tipps und Tricks weiter zu geben, dafür zusätzlich extrinsisch belohnt, kann das dessen intrinsische Motivation reduzieren. Fällt die äußere Belohnung später weg, stellt der/die Mitarbeitende das Verhalten ein, auch wenn es zuvor ohne Belohnung gerne gemacht wurde.

Im Arbeitskontext kann sich der Verdrängungs­effekt bspw. auch darin zeigen, dass sich Mit­arbeitende haupt­sächlich auf bonusrelevante Aufgaben konzentrieren und dabei andere, aus Unternehmens­sicht relevantere Tätigkeiten vernachlässigen.

Bedürfnisbefriedigung und Wissensaustausch

Extrinsische Anreize können kurzfristig zum Erfolg führen, aber auf lange Sicht ist die intrinsische Motivation deutlich wirksamer. Die intrinsische Motivation kann gefördert werden, indem die damit einhergehenden Bedürfnisse adressiert werden. Deci und Ryan (1993) postulieren drei Grundbedürfnisse:

Soziale Bedürfnisse – z.B. zu anderen dazu zu gehören – können insb. durch den Einsatz von Web 2.0 Techno­logien adressiert werden. So kann man sich in internen sozialen Netzwerken mit anderen Experten aus­tauschen und sich in Communitites gegenseitig unterstützen. Darüber hinaus treibt uns das Bedürfnis nach Kompetenz an, wie z.B. nach der Möglichkeit, unsere Fähigkeiten und Kenntnisse einzusetzen oder auch nach dem Gefühl, dass unsere Arbeit geschätzt wird. Auch das Gefühl einen wertvollen Beitrag zu leisten, beflügelt die Motivation, sich zukünftig zu engagieren. Dem Bedürfnis nach Autonomie kann durch das Gewähren von Freiräumen begegnet werden, indem für die eigene Arbeitsweise möglichst wenig Vorgaben von außen gemacht werden. Je mehr diese drei Bedürfnisse durch die eigene Arbeit befriedigt werden, umso stärker sind Mitarbeitende intrinsisch motiviert.

Fazit: Es ist nicht leicht zu erkennen, wer wofür auf welche Weise motiviert ist. Trotzdem sollten sich Führungs­kräfte und Mitarbeitende bemühen, gerade das herauszufinden. Sonst kann es passieren, dass man das (eigene) natürliche Interesse von Mitarbeitenden vermindert. Extrinsische Anreize eignen sich nur bedingt, um die Beteiligung am Wissensaustausch zu fördern. Stattdessen ist es ratsam Rahmenbedingungen zu schaf­fen, die die intrinsische Motivation ansprechen.


Literaturnachweis: Deci, E. & Ryan, R. (1993). Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik. Zeitschrift für Pädagogik, 39, 223-238.
Deci, E. L., Koestner, R., & Ryan, R. M. (1999). A meta-analytic review of experiments examining the effects of extrinsic rewards on intrinsic motivation. Psychological Bulletin, 125(6), 627-668.

Zitieren als: Behringer, N. (2014). Wissensarbeiter motivieren – Warum Belohnung schädlich sein kann. wissens.blitz (140). https://wissensdialoge.de/verdraengungseffekt